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International Women’s Day 2022: Hildegard Gütlich im Interview

Hildegard Gütlich ist Head of Human Resources and Learning & Development | Germany bei Colliers. In ihrer Funktion verantwortet sie das Recruitment, die Personalbetreuung und die Weiterentwicklung aller Mitarbeitenden im Deutschland-Team. Diversität und Chancengleichheit sind zwei strategische Säulen ihrer Arbeit, um die Colliers DNA erlebbar zu machen und weiterzuentwickeln.

Hilde, welche Kultur muss ein Arbeitgeber aus deiner Sicht heute haben, um Frauen ein optimales Umfeld zu bieten?

Ganz allgemein geht es heute vor allem um Chancengleichheit, und zwar in allen Prozessen. Gleiche Chancen bei Einstellungsentscheidungen, Vergütung und Beförderung sind im Kern die Punkte, die Frauen immer aktiver von ihren Arbeitgebern einfordern und auch einfordern sollten. Darüber hinaus geht es aber auch um konkrete Möglichkeiten, Berufliches und Privates miteinander zu vereinbaren. Hier spielt die Flexibilität von Arbeitszeiten eine große Rolle, speziell in Betreuungssituationen, wie wir sie im Rahmen der COVID-Pandemie wieder verstärkt gesehen haben.

Eine gute Unternehmenskultur muss diese Flexibilität ermöglichen, um eine gute Life-Work-Balance zu erreichen. Sie muss außerdem Frauen in ihren gesamten Leistungen wertschätzen, sowohl mit Blick auf berufliche Performance als auch in der „Care Arbeit“, wie zum Beispiel Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder ähnlich stark bindenden privaten Verantwortungen. Frauen brauchen definitiv einen besseren Zugang zu Führungspositionen, und das auch, wenn sie in bestimmten Lebensphasen in Teilzeit tätig sind. Eine gute Unternehmenskultur berücksichtigt diese Punkte, damit wir die gläserne Decke durchbrechen, die Frauen zum Teil noch immer davon abhält, ihr volles berufliches Potenzial entfalten zu können.

Was leistet Colliers, um Frauen ein gutes Umfeld für die Karriereentwicklung zu ermöglichen?

Colliers wurde auch während der Corona-Zeit erneut als familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet und das verstehen wir als Bestätigung für den guten Rahmen, den wir bieten.

Konkret ermöglichen wir sehr viele verschiedene Teilzeitmodelle, um Frauen ganz individuell die Flexibilität zu bieten, die sie benötigen, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Darüber hinaus ist es uns im Bereich Learning & Development auch sehr wichtig, einen Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten, fachlich wie persönlich. Es geht darum, die eigenen Talente zu entdecken und dann auch eine gezielte Förderung zu erfahren.

Vor diesem Hintergrund haben wir erste entsprechende Förderprogramme entwickelt, um den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen zu forcieren. Auf EMEA-Ebene bieten wir zum Beispiel seit Kurzem das Programm „REAL for Women“ an, ein internationales Training, das sich auf insgesamt sieben Workshop-Tage erstreckt und verschiedene Module abdeckt, die auf erste Führungsaufgaben im Unternehmen vorbereiten. Außerdem werden wir in Kürze auch lokale Mentoren-Programme starten, in denen junge Talente individuell gecoacht und begleitet werden, um die nächsten Schritte in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu gehen. Hier ist mir wichtig zu sagen, dass wir die Mentoren-Programme auch für Frauen anbieten, aber nicht ausschließlich für Frauen, denn Diversität heißt für uns, alle unsere Talente im Blick zu haben und bedarfsgerecht zu fördern.

Welchen Herausforderungen bist du selbst in deiner Karriere als Frau begegnet? Was hat sich in der Gesellschaft bereits gewandelt?

Auch ich stand in meiner beruflichen Laufbahn vor der Herausforderung, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Ich konnte dabei Führungspositionen auch in Teilzeit ausüben, aber ich musste hart dafür kämpfen und unter kritischer Beobachtung beweisen, dass Führen in Teilzeit möglich ist. Deshalb ist mein Grundsatz: Ein Unternehmen muss Chancen geben, die faire Möglichkeit, sich in einer Rolle zu bewähren und hierbei auch unkonventionelle Wege beschreiten.

Gesellschaftlich hat sich in den letzten Jahren vieles gewandelt. Zum Beispiel gehen heute auch immer mehr Männer in Elternteilzeit und Erziehungsaufgaben werden besser untereinander aufgeteilt. Gleichzeitig haben wir aber im Rahmen der Corona-Pandemie beobachtet, wie Frauen oftmals in alte Rollenbilder zurückgedrängt wurden, etwa, wenn sie sich zum Beispiel allein um das Homeschooling gekümmert haben. Ich hoffe sehr, dass das nur ein temporärer Rückschritt war, denn grundsätzlich sollten Frauen alle Möglichkeiten haben, Karriere und Familie flexibel in Einklang zu bringen.

Wie weit ist die Immobilienbranche aus deiner Sicht mit Blick auf Geschlechtergleichheit? Was ist noch zu tun?

Wir haben definitiv einen Nachholbedarf bei Frauen in Führungspositionen. Das gilt auch für Colliers. Numerisch betrachtet haben wir im Team zwar ein gutes Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern. Viele Frauen nehmen Support-Funktionen wahr oder sind in einer Berater-Position und nicht in Führungsverantwortung. Hier können wir uns noch genauso verbessern wie die gesamte Branche, um somit Diversität auch in der Führung als Mehrwert erlebbar zu machen.

Eine Quote ist aus meiner Sicht nicht die richtige Lösung. Es geht darum, talentierte Frauen zu ermuntern, mehr Verantwortung zu übernehmen und ihnen konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen. Hinzu kommt auch die Selbstverantwortung und das selbstbewusste Auftreten, um Entwicklungsmöglichkeiten einzufordern. Außerdem ist hilfreich, wenn es im Unternehmen weibliche Vorbilder gibt, an denen sich jüngere Mitarbeiterinnen orientieren können.

Eine wesentliche Rolle spielt auch die Netzwerkbildung im eigenen Unternehmen und in der Branche allgemein. Hier sind Frauen oft noch zu wenig aktiv und wir werden auch diesen Aspekt im Rahmen unserer Diversity & Inclusion Initiativen aufgreifen.

Welche konkreten Tipps möchtest du Berufseinsteigerinnen von heute geben?

Seid motiviert, zu lernen, Neues zu erkunden und Herausforderungen anzunehmen. Und lasst euch nicht entmutigen, wenn nicht alles sofort perfekt läuft.  In einer konstruktiven Unternehmenskultur habt ihr jederzeit die Möglichkeit, Feedback einzuholen, um euch zu reflektieren und weiterzuentwickeln.

Nutzt die Kraft der Netzwerke – im eigenen Unternehmen und darüber hinaus. Seid mutig durch Türen zu gehen, die sich öffnen und an anderen auch mal zu rütteln beziehungsweise diese aufzustoßen!


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