Wohninvestmentmarkt verhalten, leichte Renditeanstiege bei starker Mietdynamik
- Transaktionsvolumen mit 6 Milliarden Euro weiterhin verhalten
- Bestandsobjekte dominieren das Marktumfeld
- Unveränderte Bruttospitzenrendite für Bestandsinvestments
- Renditeanstiege bei Forward Deals, Projekten und Microliving
- Einbruch im Neubau lässt Mieten deutlich steigen
Frankfurt am Main, 04. Oktober 2023 – Nach Angaben von Colliers zeigten sich die ersten neun Monate 2023 im institutionellen Wohninvestmentsegment weiterhin verhalten. So fiel das Transaktionsvolumen im dritten Quartal mit knapp 1,7 Milliarden Euro etwas schwächer aus als noch im Vorquartal. In den ersten neun Monaten wurde ein Investmentvolumen von in Summe knapp 6 Milliarden Euro verzeichnet, das um 48 Prozent unter dem des Vorjahreszeitraumes (11,4 Mrd. Euro) lag. Mit rund 3,3 Milliarden Euro entfielen 55 Prozent des Investmentumsatzes auf Portfoliotransaktionen, wenngleich das dritte Quartal mit 407 Mio. Euro das niedrigste Portfoliotransaktionsvolumen des Jahres aufweist. Single Asset Deals zeigten demgegenüber im dritten Quartal mit 1,3 Mrd. Euro das stärkste Quartal des bisherigen Jahres. Vom Gesamttransaktionsvolumen entfielen 48 Prozent auf die Top 7 Städte (Vorjahreszeitraum 41 Prozent) mit einer starken Konzentration auf Berlin (1,5 Mrd. Euro) und München (762 Mio. Euro).
Felix von Saucken, Geschäftsführer und Head of Residential Germany bei Colliers: „Das Fehlen von größeren Portfoliotransaktionen im dritten Quartal hat den Wohninvestmentmarkt über den Sommer spürbar gedämpft, obwohl die Preiskorrektur überwiegend abgeschlossen ist und sich aktuell ein wieder attraktives Einstiegsniveau am Markt etabliert. Mit der – aus unserer Sicht – letzten Zinsanhebung im September haben wir wieder mehr Klarheit im Markt. Der weitere Jahresverlauf dürfte verhalten bleiben, trotzdem erwarten wir im Jahresabschlussquartal wieder eine höhere Marktaktivität als über den Sommer. Wie bereits das ganze Jahr über zu beobachten war, lassen sich die Renditen für Wohninvestments im aktuellen Marktumfeld schwer mit konkreten Transaktionen belegen. Wir sehen zum Ende des dritten Quartals ein spürbar korrigiertes Preisniveau. Basierend auf den Daten, die Colliers bei den lokalen Gutachterausschüssen erhoben hat, lag die Preiskorrektur im letzten Jahr in den Top 7 Städten im Durchschnitt bei 25 Prozent. Im Vergleich zum Vorquartal beobachten wir ein stabiles Niveau der Spitzenrendite von 3,85 Prozent für Bestandsobjekte in den Top 7 Städten, während das Renditeniveau an anderen Standorten bei 4,50 Prozent liegt. Diese Stabilisierung ist ein positives Signal im Markt und untermauert die Bodenbildung.“
Investorenfokus weiterhin fast ausschließlich auf Bestandsobjekten
Produktseitig richtet sich die Nachfrage fast ausschließlich auf Bestandsobjekte, während bei Forward Deals und Neubauprojekten im aktuellen Marktumfeld nahezu keine Transaktionstätigkeit zu sehen ist. Die Preisvorstellungen für Neubauprodukt bleiben auf Verkäuferseite aufgrund der ESG-Konformität und hohen Herstellungskosten hoch. Zuletzt war vereinzelt zu erkennen, dass die Verkäuferseite bereit zu sein scheint, leichte preisliche Abstriche zu akzeptieren, so dass ein leichter Anstieg bei der Rendite auf 3,8 Prozent in den Top 7 Städten und 4,3 Prozent an anderen Standorten zu beobachten war. Ohne eine weitere deutliche Korrektur der Preisvorstellungen auf Verkäuferseite ist eine Belebung im Segment vorerst jedoch nicht zu erwarten.
Das Segment Mikrowohnen zeigte sich im dritten Quartal verhalten, auch durch die im Sommer aufgekommene Diskussion um mögliche Mietregulierungen von möblierten Wohnungen. Diese Unsicherheit ist noch nicht wieder gewichen und resultiert in einem Anstieg der Spitzenrendite im dritten Quartal um 20 Basispunkte auf aktuell 4,0 Prozent in den Top 7 Städten. Die Rahmenbedingungen von Mikrowohnungen bleiben aber übergeordnet positiv und viele Investoren beabsichtigen perspektivisch Investments in diesem Segment. Die gestiegenen Auslastungsquoten in Kombination mit gesunkenen Energiekosten machen das Segment für Investoren und Betreiber grundsätzlich attraktiv.
Mietdynamik verstärkt sich nochmals
Das ungebremste Mietwachstum der letzten Jahre setzte sich im bisherigen Jahresverlauf 2023 fort. Bereits in den ersten drei Quartalen war die Dynamik stärker als im gesamten Vorjahr und hat sich insbesondere im dritten Quartal nochmal beschleunigt. In den Top 7 Städten stiegen die Angebotsmieten im Bestandssegment seit Jahresbeginn um rund 5 Prozent, während die Dynamik im Neubausegment mit rund 6 Prozent noch leicht stärker ausfiel. Im Bestandssegment lagen die Mieten, mit Ausnahme von Frankfurt (-1 Prozent), in allen Top 7 Städte im dritten Quartal 2023 höher als zum Ende des Vorjahres, wobei Berlin mit 7 Prozent das größte Plus aufweist, vor Hamburg (4 Prozent) und München (3 Prozent). Im Neubausegment war das größte Plus seit Jahresbeginn mit 15 Prozent in Düsseldorf zu beobachten. Nachdem sich Berlin in der ersten Jahreshälfte noch leicht negativ entwickelt hat, drehte hier das Momentum im dritten Quartal deutlich ins Positive, so dass seit Jahresbeginn ein Plus von 4 Prozent bei den Neubaumieten steht.
Ausblick: Wohninvestmentmarkt nimmt leicht positives Momentum mit ins Jahresschlussquartal
Emanuel Eckel, Director Market Intelligence & Foresight, sagt: „Der bis zur Jahresmitte zu beobachtende Angebotsrückgang im Mietsegment hat sich im dritten Quartal stabilisiert. Dennoch gehen wir davon aus, dass dies nur ein temporärer Effekt ist. Die massive Wohnraumnachfrage bei zu geringem Angebot sowie der einbrechende Neubau werden das Mietwachstum weiter befeuern, dessen Dynamik wird zum Jahresende aber etwas abnehmen. Nur 135.200 fertig gestellte Wohnungen im ersten Halbjahr entsprechen einem Rückgang der Neubautätigkeit von fast 30 Prozent. Einhergehend mit den weiterhin schwachen Frühindikatoren ist ein massiver Einbruch im Neubausegment für die nächsten 2 bis 3 Jahre nicht mehr abzuwenden.“
Insgesamt ist das Interesse nach Wohninvestitionen auf Investorenseite weiterhin hoch. Das Gesamtjahresergebnis 2023 wird wesentlich davon abhängen, wie sich die Verkaufs- und Portfoliobereinigungsprozesse von großen Bestandshaltern bis zum Jahresende entwickeln. Nach einem etwas schwächeren dritten Quartal erwarten wir hier mehr Belebung bis zum Jahresende. Da sich im Bestandssegment auf Verkäuferseite verstärkt Verkaufsprozesse zu konkretisieren scheinen, halten wir eine leichte Marktbelebung insbesondere durch Private Equity Buyer für realistisch und ein Gesamtjahresergebnis im Bereich von über 10 Milliarden Euro für möglich.
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