Strukturelle Umbrüche im Einzelhandel prägen Investmentgeschehen 2018

  • Transaktionsvolumen knapp unter 10-Milliarden-Euro-Marke
  • Online-Handel ist entscheidender Veränderungstreiber für Vermietung und Investment
  • Fokussierung der lebhaften Investorennachfrage auf Fach- und Hybridmarktsegment
  • Assetklasse weiter auf Rang 2
  • Spitzenrenditen für Fachmärkte und Fachmarktzentren weiter unter Druck, Einkaufszentren ziehen bereits wieder an

Frankfurt am Main, 8. Januar 2019 – Angaben von Colliers zufolge wurden im Gesamtjahr 2018 deutsche Einzelhandelsimmobilien für rund 9,8 Milliarden Euro gehandelt. Die 10-Milliarden-Euro-Marke, die in den vergangenen zehn Jahren nur 2015 um 6,0 Milliarden Euro und 2017 um 2,0 Milliarden Euro übertroffen wurde, wurde nur knapp verfehlt. Das Plus gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnittswert lag bei 12 Prozent.

Angesichts des außergewöhnlichen Höhenfluges am deutschen Investmentmarkt über alle Immobilienklassen hinweg, der zu einem Erreichen eines neuen Allzeithochs von über 60 Milliarden Euro Transaktionsvolumen führte, ist allerdings der Rückgang bei Einzelhandelsimmobilien gegenüber dem Vorjahr von 18 Prozent auffällig. Der Marktanteil dieser Assetklasse fiel damit auf nur 16 Prozent zurück. Dabei handelt es sich im langjährigen Vergleich um einen der niedrigsten Werte überhaupt, der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre liegt bei 28 Prozent.

Matthias Leube, CEO bei Colliers: „Für dieses unterdurchschnittliche Resultat gibt es zwei Gründe. Zum einen wurde das Investmentgeschehen 2018 maßgeblich von Landmark-Deals im Bürosegment geprägt, dessen Marktanteil auf 51 Prozent katapultiert wurde. Nichtsdestotrotz liegen Einzelhandelsimmobilien im Vergleich aller Assetklassen weiter auf Rang 2, gefolgt von Industrie- und Logistikimmobilien, die es auf 11 Prozent Marktanteil brachten. Zum anderen sind der strukturelle Umbruch im Einzelhandel und die veränderte Nachfrage nach Einzelhandelsobjekten sowohl im Investment- als auch im Vermietungsmarkt stark spürbar.“

Während Digitalisierung und wachsender Online-Handel beispielsweise dem Industrie- und Logistiksegment fast ausschließlich positive Impulse bescheren, treten im Retailbereich wie in keiner zweiten Branche auch negative Auswirkungen deutlich zu Tage. Das sich stark wandelnde Konsumverhalten wird für Händler, Eigentümer und Immobilieninvestoren sicher tiefgreifende Veränderungen zur Folge haben. Dementsprechend hat das Risikobewusstsein gegenüber Handelsimmobilien im Jahresverlauf spürbar zugenommen. Bestimmte, vom Strukturwandel stärker betroffene Einzelhandelsstandorte und Betriebstypen werden zunehmend gemieden. Dazu zählen insbesondere gering frequentierte Einkaufszentren mit stark online-affinem Branchenmix (Mode, Medien, Elektronik) oder solche in weniger attraktiven Mittelstädten bzw. Nebenlagen von A-Städten. Das gleiche gilt für innerstädtische Geschäftshäuser. Äußerst starken Zuspruch erhalten hingegen Einzelhandelsobjekte, wenn sie über einen Lebensmittelschwerpunkt verfügen. Das trifft insbesondere auf einzelne Fachmärkte, Fachzentren oder Hybridzentren zu.

Fokussierung der lebhaften Investorennachfrage auf das Fach- und Hybridmarktsegment

Die Fokussierung der Investoren auf das Fachmarktsegment spiegelt sich in der Auswertung der in 2018 abgeschlossenen Deals wider. Mit 51 Prozent dominiert dieser Betriebstyp, zu dem auch Supermärkte, Discounter und SB-Warenhäuser zählen, gefolgt von Highstreet-Immobilien und Geschäftshäusern mit 31 Prozent. Abschlüsse von Einkaufszentren lagen mit 17 Prozent weit abgeschlagen auf Platz 3.

Aufgrund der geringeren Anlagesummen, die in Fachmärkte und Fachmarktzentren fließen, ergibt sich bei der Auswertung der Transaktionsvolumina ein etwas anderes Bild. Hiernach entfallen auf das Einzelhandelsformat rund ein Drittel des investierten Kapitals, auf Einkaufszentren rund 18 Prozent. An der Spitze liegen Highstreet-Immobilien und Geschäftshäuser mit 48 Prozent. Zu diesem Ergebnis trägt vor allem die größte, am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt überhaupt getätigte Transaktion des Jahres 2018 bei. Hierbei handelt es sich um die anteilige Übernahme von zwei mit insgesamt 59 Kaufhof-Immobilien bestückten Portfolien, die im Zuge der Fusion der Warenhausketten Karstadt und Kaufhof vom bisherigen Eigner Hudson’s Bay Company sowie anderen beteiligten Unternehmen an die Signa Prime Selection für knapp 2 Milliarden Euro übergingen. Leube: „Insgesamt wird weniger Kapital für Einzelhandel eingesammelt. Der lang erwartete Zusammenschluss im Warenhaussegment zeigt, dass weiterhin Kapital für Einzelhandelsobjekte in sehr guten innerstädtischen Lagen vorhanden ist, obwohl das neue Betreiberkonzept sich noch bewähren muss.“

Wie schon im Vorjahr war der Portfolioanteil mit 55 Prozent bzw. 5,5 Milliarden höher als der Anteil von Einzelkäufen. Diese schlugen mit 4,4 Milliarden Euro bzw. 45 Prozent zu Buche. Räumlich lag der Schwerpunkt erneut außerhalb der sieben großen Investmentzentren des Landes, auf die zwei Drittel des Kaufvolumens entfielen.

Anteil internationaler Käufer hat sich leicht erhöht

Der Anteil internationaler Käufer ist binnen Jahresfrist um 7 Prozentpunkte auf 44 Prozent gestiegen und damit insgesamt etwas höher als der Assetklassen-übergreifende Anteil von 40 Prozent. Österreich als Herkunftsland von Signa führt die Länderliste mit einem Volumenanteil von 22 Prozent an. Mit großem Abstand folgen die USA (über 6 Prozent) und Großbritannien (knapp 5 Prozent).

Bei den Käufergruppen haben aufgrund des marktprägenden Kaufhof-Deals Immobilien AGs mit 2,8 Milliarden Euro bzw. 28 Prozent Marktanteil die offenen Immobilienfonds (2,0 Milliarden Euro bzw. 21 Prozent) als stärkste Investorenbranche abgelöst. Asset Manager stehen auf Rang 3 (1,7 Milliarden Euro bzw. 18 Prozent). Auf der Verkäuferseite haben sich Opportunity Fonds, wie das Joint Venture, das hinter dem Kaufhof-Deal steht, mit 20 Prozent vor die offenen Immobilienfonds mit 18 Prozent geschoben.

Renditeentwicklung ambivalent

Die Spitzenrenditen haben sich im Jahresverlauf überwiegend stabilisiert. Anders als am Büro- oder Logistikmarkt sind die Wachstumspotenziale bei den Mieten weitestgehend ausgeschöpft. Das gilt vor allem für Objekte in 1a-Geschäftslagen und für Shoppingcenter. Stagnierende Flächenproduktivitäten, der zunehmende Anteil des Lebensmitteleinzelhandels, aber auch die Ausbreitung von frequenzfördernden Gastronomiekonzepten führen teilweise zu Mietreduktionen.

Spitzenrenditen für Geschäftshäuser in 1a-Lagen der sieben Investmentzentren Deutschlands lagen im Dezember zwischen 2,75 Prozent (München) und 3,30 Prozent (Düsseldorf, Köln). Einkaufszentren liegen im Schnitt bei 4,50 Prozent. Bei der Suche nach auskömmlicher Verzinsung bleiben somit Fachmärkte bzw. Fachmarktzentren angesichts einer Rendite von zum Teil deutlich über 5 Prozent und einem soliden Cash-Flow in den Augen der meisten Anleger hoch im Kurs.

Ausblick: 10-Milliarden-Euro-Marke voraussichtlich nicht erreichbar

Leube: „Angesichts der tiefen Strukturbrüche in der Einzelhandelslandschaft wird sich die selektive Ausrichtung von Investoren beim Kauf von Retailimmobilien auch 2019 fortsetzen. Viele, in diesem Zyklus eher risikoscheu agierende Investoren dürften überfällige Revitalisierungen und Neupositionierungen von Shoppingcentern und innerstädtischen Geschäftshäusern abwarten, bis sie Produkten außerhalb des Core-Segmentes wieder mehr Aufmerksamkeit schenken. Aufgrund dieser Entwicklung erwarten wir bei Einkaufszentren schon im Jahresverlauf 2019 einen Anstieg bei den Renditen. Das vom Lebensmitteleinzelhandel dominierte Fachmarktsegment bleibt bis auf weiteres der Treiber beim Transaktionsgeschehen mit der Folge stabiler bis leicht anziehender Kaufpreise. Aufgrund der geringeren Objektvolumina gehen wir trotz hoher Zahl der Abschlüsse davon aus, dass auch dieses Jahr die 10-Milliarden Euro-Marke schwer zu knacken sein wird, zumal das entsprechende Produkt knapper wird.“

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