Logistikmarkt Deutschland: Finanzierungslage bremst Kaufverhalten der Anleger aus

•    Investmentaktivitäten von April bis Juni auf stabilem Niveau
•    Rekord-Jahresauftakt stützt das Ergebnis zum Halbjahr
•    Steigende Finanzierungskosten für ein Abschwächen der Investitionstätigkeit verantwortlich
•    Spitzenrendite für Logistik steigt um 25 Basispunkte
•    Attraktivität der Anlageklasse durch Mietwachstum und hohen Flächenbedarf vorerst unverändert

Frankfurt a.M., 07. Juli 2022 – Nach Angaben von Colliers summiert sich das Transaktionsvolumen in Deutschland von Industrie- und Logistikimmobilien nach Ablauf der ersten Jahreshälfte auf rund 6,2 Milliarden Euro. Dies entspricht zwar einem deutlichen Plus von 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, allerdings ist das Resultat vor allem auf das Rekordergebnis zu Beginn des Jahres zurückzuführen (Q1: 3,7 Milliarden Euro). Von April bis einschließlich Juni wurden deutschlandweit Transaktionen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro abgewickelt und damit fast exakt so viel wie im vergangenen Vorjahreszeitraum (- 1 Prozent). Der Marktanteil auf dem gesamtgewerblichen Immobilienmarkt in Deutschland erhöhte sich von 19 Prozent (H1 2021) auf aktuell 22 Prozent. Das Investitionsvolumen wäre jedoch aufgrund der hohen Nachfrage und Beliebtheit bei Investoren, insbesondere in den letzten beiden Jahren, durchaus höher ausgefallen, wenn nicht die Folgen der derzeitigen wirtschaftlichen Ereignisse zu einer wachsenden Zurückhaltung am Investmentmarkt geführt hätten.

Nicolas Roy, Head of Industrial & Logistics bei Colliers: „Die geopolitischen Auseinandersetzungen durch den Ukraine-Krieg, die unerwartet hohe Inflation sowie die Zinswende haben in den vergangenen Monaten enormen Druck auf die Kapitalmärkte ausgeübt und für hohe Unsicherheit bei Anlegern gesorgt. Die derzeitigen Belastungsfaktoren bremsen folglich die Investitionsaktivitäten auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt aus und sorgen dafür, dass vor allem aufgrund des derzeitigen Finanzierungsumfelds deutliche Preiskorrekturen stattfinden. Dabei bleibt die Anlageklasse Logistikimmobilien hinsichtlich ihres Wachstumspotenzials durch nachhaltig steigende Mieten und Umsätze im E-Commerce weiterhin hochattraktiv.“

Großvolumige Portfolio-Übernahmen blieben vorerst aus

Im Laufe des zweiten Quartals konnte, anders als zu Beginn des Jahres, keine einzige Portfolio-Transaktion über 250 Millionen Euro registriert werden. Der Portfolio-Anteil am Gesamtumsatz summierte sich mithilfe einiger größerer Mehrheitsbeteiligungen und Portfolio-Übernahmen im ersten Quartal dennoch auf rund 53 Prozent bzw 3,3 Milliarden Euro. Zu den größten Abschlüssen jenseits der 500-Millionen-Euro-Marke zählten bisher die Mehrheitsbeteiligung an der VIB Vermögen durch DIC sowie die Übernahme der früheren Deutsche Industrie REIT (DIR) durch den niederländischen Entwickler und Bestandshalter CTP. Der Erwerb der 11 Immobilien aus dem von UBS Real Estate gemanagten offenen Spezial-AIF „Ergo Trust Logistikfonds Nr. 1“ für mehr als 450 Millionen Euro durch Prologis beflügelte ebenso das Halbjahresergebnis.

Zu den bedeutendsten Einzeltransaktionen am Markt zählten unter anderem der Verkauf  eines rund 87.500 Quadratmeter großen Logistikkomplexes in Bad Hersfeld an die DLE Value-Add Logistik sowie die Übernahme des circa 78.000 Quadratmeter großen s.Oliver Lagers im Panattoni Park Würzburg Ost in Dettelbach durch den internationalen Investor AEW. Beide Transaktionen wurden im Rahmen einer Off-Market-Transaktion erworben.

Asset- und Fondsmanager für die Hälfte des Umsatzes verantwortlich

Vermögensverwalter (Asset- und Fondsmanager) zeigten sich mit einem gesamten Investitionsvolumen von rund 3,0 Milliarden Euro bis dato als aktivste Investorengruppe am Markt und vereinten somit rund die Hälfte des gesamten Halbjahresergbnis auf sich. Auf dem zweiten Platz folgen offene Immobilienfonds und Spezialfonds (1,3 Milliarden Euro bzw. 22 Prozent). Mit deutlichem Abstand positionieren sich REITs auf dem dritten Platz, die rund 14 Prozent des Ergebnisses erzielten.

Anteil internationaler Anleger leicht steigend

Zwar hatten sich während der Corona-Pandemie die Marktaktivitäten internationaler Anleger als rückläufig erwiesen, allerdings konnten diese im Laufe der letzten 12 Monate ihre Aktivitäten nochmals anziehen und ihren Marktanteil am Gesamtumsatz von 47 Prozent in Q2 2021 auf aktuell 54 Prozent erhöhen. Investitionen aus dem Ausland summierten sich zum Halbjahr somit auf rund 3,4 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Durchschnitt der letzten drei Jahre ist dies ein leichtes Plus von 6 Prozent. Inwiefern jedoch die aktuellen Konditionen am Markt die Investitionsaktivitäten ausländischer Anleger beeinträchtigen können, bleibt abzuwarten.

Zinswende sorgt vorerst für Preiskorrekturen

Mit der Erhöhung des Leitzinses um 0,25 Prozent ab Ende Juli durch die EZB steht die Immobilienbranche vor einer aktuellen Trendwende, welche mit einer spürbaren Veränderung des Preisniveaus einhergeht. Bereits im Laufe des zweiten Quartals deuteten Preiskorrekturen durch gestiegene Finanzierungskosten nicht nur ein vorzeitiges Ende der Renditekompression an, sondern auch einen Anstieg der Spitzenrendite für Core Logistik um 25 Basispunkte. Demnach erhöhte sich die Brutto-Spitzenrendite von 3,1 Prozent zu Beginn des Jahres auf aktuell 3,35 Prozent (entspricht einer Netto-Rendite von 3,1 Prozent). Roy ergänzt: „Core Logistikimmobilien in den Prime Lagen Deutschlands werden demnach derzeit knapp unter dem 30-fachen der Jahresmiete gehandelt. Dies sind drei Faktoren weniger als noch zum Jahreswechsel.“

Ausblick: Neuausrichtung der Marktteilnehmer steht im Fokus

„Für den weiteren Jahresverlauf gehen wir nach aktuellen Einschätzungen von einer weiteren Preiskorrektur in Form von leicht sinkenden Kaufpreisen und einer geringeren Investitionstätigkeit aus. Die derzeitige Unsicherheit, insbesondere auf der Finanzierungsseite, könnte daher noch eine Weile das Marktumfeld bestimmen. Aktuell beobachten wir bei laufenden Prozessen, dass Anleger aufgrund der sich kurzfristig verändernden Finanzierungskosten die Sachlage neu bewerten müssen und in eine abwartende Haltung übergehen. Das führt aktuell auch zu Unsicherheiten bei Eigentümern, die ihre Erwartungen an Verkaufserlöse nun umstellen müssen. Es könnte daher eine Zeit dauern, bis sich die Marktteilnehmer mit den neuen Gegebenheiten zurecht finden und sich strategisch neu ausrichten können. Der Vermietungsmarkt hingegen zeigt sich bisher vom herausfordernden Umfeld unberührt, sodass die Assetklasse Logistik auch weiterhin auf eine hohe Beliebtheit bei Anlegern trifft“, so Roy abschließend.

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