Investmentjahr startet für Einzelhandelsimmobilien insgesamt ruhig

  •  Transaktionsvolmen im Jahresauftaktquartal unter 1 Milliarde Euro
  • Innerstädtische Mixed-Use-Immobilien aus Insolvenzen und Portfoliobereinigungen sorgen für Marktbelebung
  • Konsolidiertes Preisniveau lockt im Fachmarktsegment neue Investorengruppen

Berlin, 8. April 2024 – Nach Angaben von Colliers wurden im ersten Quartal 2024 in Deutschland Einzelhandelsimmobilien für rund 900 Millionen Euro gehandelt. Das Transaktionsvolumen bleibt damit im zweiten Quartal hintereinander historisch niedrig unter der 1-Milliarden-Euro-Marke und weist gegenüber der Vorjahresvergleichsperiode einen Rückgang von 40 Prozent auf. Immerhin konnten sich gegenüber dem Jahresabschlussquartal 2023 sowohl der Umsatz als auch die Zahl der Transaktionen, die auf über 40 stieg, leicht erholen. Insgesamt steht das Einzelhandelssegment mit seinem Marktanteil nach den ersten drei Monaten – gleichauf mit dem Bürosektor – auf Platz 3 der umsatzstärksten gewerblichen Nutzungsarten. Wie am Gesamtmarkt entfielen 90 Prozent aller Einzelhandelstransaktionen auf die Kategorie unter 50 Millionen Euro.

Ulf Buhlemann, Head of Retail Investment Germany, ordnet ein: „Die aktuellen Zahlen spiegeln eine wesentliche Entwicklung am Investmentmarkt nicht wider, die jedoch aus Einzelhandelssicht sehr positiv zu bewerten ist. So wurden seit Jahresbeginn einzelne sehr großvolumige Objekte mit bedeutsamem Einzelhandelsbesatz veräußert, die aufgrund ihres Mixed-Use-Charakters definitorisch nicht zum Einzelhandelsvolumen gezählt werden. Dazu gehört beispielsweise das Münchener Luxusensemble Maximilianstraße 12-14, das für deutlich über 250 Millionen Euro von der insolventen Centrum Holding an einen von der Commerz Real vertretenen Privatanleger verkauft wurde. Unter Berücksichtigung solcher Transaktionen, die bei den Marktanteilen der Kategorie Mischnutzung erstmals auf Platz 2 im Gesamtmarkt verholfen haben, wäre das Vorjahresergebnis von 1,5 Milliarden Euro ohne Weiteres erzielt worden.“

Einzelhandelsobjekte aus Insolvenzen machen 22 Prozent des Transaktionsvolumens aus

Auch die größte Einzelhandelstransaktion des Quartals ist aus der Abwicklung eines insolventen Projektentwicklers hervorgegangen. Dabei handelt es sich um die Übernahme der Geschäftsbeteiligung der Centrum Gruppe am Düsseldorfer Geschäftshaus K II durch den Miteigentümer B&S. Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers: „Rund 22 Prozent des Transaktionsvolumens der letzten drei Monate stammen aus der Verwertungsmasse insolventer Bestandshalter und Projektentwickler, zu der auch die Signa-Gruppe mit ihren Galeria-Warenhäusern gehört. Der Großteil dieser Immobilien wird kurz- bis mittelfristig in den Markt gelangen und aufgrund ihrer Lagequalitäten attraktive Anlagemöglichkeiten auch für Käufergruppen bieten, die im Bieterkampf der letzten Boomjahre nicht mithalten wollten oder konnten. Zusätzlich werden Investoren, die aufgrund von Wertabschreibungen oder Refinanzierungsbedarf unter Verkaufsdruck geraten, vermehrt Produkt in den Markt geben. So wurde der bereits im Dezember angekündigte Abverkauf eines 14 Objekte umfassenden Einzelhandelsportfolios der Deutschen Konsum REIT bekannt gegeben.“

Fachmärkte bleiben umsatzstärkstes Einzelhandelssegment

Der Fokus des derzeitigen Anlegerinteresses liegt unverändert auf dem Fachmarktsegment, das auch im abgeschlossenen Quartal weiter an der Spitze aller gehandelten Einzelhandelsimmobilientypen stand. Der Volumenanteil lag bei 61 Prozent, wovon drei Viertel auf das Konto des lebensmittelgeankerten Fachmarktsegments gingen. Erwähnenswert ist der Kauf von vier großflächigen Supermärkten und vier Baumärkten für rund 200 Millionen Euro durch ORES Germany. Hinter dem Vehikel, das sich auf deutsche werthaltige Einzelhandelsimmobilien spezialisiert, stehen das portugiesische Immobilienunternehmen Sonae Sierra und die spanische Bankinter, die damit erstmals in Deutschland investiert. Highstreet-Immobilien liegen – ohne die erwähnten Mixed-Use-Objekte – aktuell an Position 2 mit 26 Prozent Marktanteil, gefolgt von Shoppingcentern mit 13 Prozent auf Platz 3. Rund 42 Prozent des Transaktionsvolumens entfällt auf Portfolios, der überwiegende Teil damit auf Einzeldeals.

Wieder mehr Evidenz für Fachmarktrenditen

Verkäufer und Käufer haben bei den erst spät unter Preisdruck geratenen Fachmarktrenditen in den letzten Monaten einen großen Schritt bei der Preisfindung aufeinander zugemacht. Aktuell liegen Spitzenrenditen für Lebensmittelfachmärkte und kleine Nahversorgungszentren bei 5,40 Prozent (brutto). Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker notieren um die 5,70 Prozent. In diese Richtung weisen auch wieder zahlreicher eingehende Gebote auf im Markt befindliche Objekte. Ausgehend von diesen Spitzenwerten steigen die Renditeanforderungen deutlich mit zunehmender Objektgröße und abnehmendem Lebensmittelanteil. Im Bereich der Highstreet-Immobilien in den TOP 7 Märkten fehlt es weiterhin an Transaktionen, die eine klare Ableitung des derzeitigen Renditeniveaus zulassen. Die oben beschriebenen Insolvenzverkäufe eignen sich nur bedingt für eine Indikation marktüblicher Renditen. Die anhaltende Kaufzurückhaltung von traditionell stark engagierten institutionellen Investoren, wie offenen Immobilien- und Spezialfonds, weist darauf hin, dass hier der Preisfindungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

Ausblick: Marktbelebung in den kommenden Monaten erwartet

Buhlemann: „Wie am Investmentmarkt insgesamt geht auch die Bodenbildung bei Einzelhandelsinvestments in die Verlängerung. Die Erwartung einer ersten Zinssenkung der EZB noch in diesem Jahr ist bei vielen Akteuren bereits verankert. Das Zinsniveau wird aber auch danach gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 weiter hoch bleiben. Herausforderungen wie hoher Refinanzierungs- und Investitionsbedarf bleiben gerade bei großen Bestandshaltern ein ständiger Begleiter. Da neue Player nach unserer Beobachtung den Markteinstieg für Investments in lebensmittelgeankerte Fachmarktimmobilien aktiv vorbereiten und in Multi-Asset-Real-Estate-Fonds die Allokation hin zu dieser Produktklasse verschoben wird, erwarten wir eine klare Marktbelebung in den kommenden drei bis neun Monaten.

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