Inflationsanstieg, hohe Zinsen, Corona-Pandemie und ESG stellen Münchner Immobilienmarkt vor Herausforderungen

• Solide Nachfrage führt zu Bürovermietungsumsätzen im langjährigen Mittel
• Transaktionsvolumen in Q2 2022 auf niedrigstem Wert seit Q1 2011
• Unsicherheiten sorgen für abwartende Haltung bei Investoren
• Weitere Preissteigerungen auf dem Wohnimmobilienmarkt
• Flächenumsatz auf dem Logistikmarkt steigt

München, 07. Juli 2022 – Der Krieg in der Ukraine, die Corona-Pandemie und ESG-Anforderungen stellen den Münchner Immobilienmarkt vor komplexe Herausforderungen. Steigende Energiekosten, Lieferengpässe, Inflation, Zinsanstieg und hohe Baukosten sind nur einige der daraus resultierenden Faktoren, die derzeit deutliche Auswirkungen auf Gewerbeinvestments, den Bürovermietungsmarkt, aber auch auf Wohnimmobilien sowie die Immobiliensektoren Industrie und Logistik in München haben.

Der Büromarkt in der bayrischen Landeshauptstadt verzeichnet mit einem Flächenumsatz von rund 320.000 Quadratmetern im ersten Halbjahr des Jahres 2022 ein solides Ergebnis, das dem langjährigen Mittel entspricht. Das Transaktionsvolumen hingegen liegt auf dem niedrigsten Wert seit 2011. Wohnimmobilien haben sich in den letzten Monaten weiter verteuert: Kaufpreise stiegen im ersten Halbjahr 2022 um 8 bis 10 Prozent. Es ist hier weiter von einem moderaten Anstieg auszugehen. Der Flächenumsatz auf dem Logistikmarkt liegt mit rund 110.000 vermieteten Quadratmetern über dem Vorjahresergebnis. Hier trifft eine hohe Nachfrage auf ein weiterhin sehr begrenztes Angebot.

Dies sind die zentralen Ergebnisse der Pressekonferenz „Der Münchner Wohn- und Gewerbeimmobilienmarkt: Marktüberblick, Entwicklungen und Prognosen“ von Colliers, an der Achim Degen (Geschäftsführer und Regional Manager), Peter Bigelmaier (Geschäftsführer und Head of Office Letting), Manuel Aller (Senior Director Capital Markets) und Felix Kugler (Senior Director Investment Land & Residential) teilnahmen.

Achim Degen, Regional Manager Bayern bei Colliers, kommentiert: „In den Krisen der vergangenen Jahrzehnte gab es nie ein derart komplexes Zusammenspiel von unterschiedlich wirkenden Einflussfaktoren. Massive Baukostensteigerungen, Lieferengpässe und die Inflationsentwicklung stellen die Branche vor nie dagewesene Herausforderungen. Alle Akteure müssen sich derzeit an das veränderte Umfeld anpassen. Wir beobachten auf allen Seiten Zurückhaltung: Prozesse auf dem Immobilienmarkt nehmen zunehmend mehr Zeit in Anspruch. Die guten Rahmenbedingungen in München deuten aber insgesamt auf eine überdurchschnittliche Resilienz gegenüber der Krise hin, sodass wir auch weiterhin langfristige unternehmerische Entscheidungen für den Standort München erwarten. “

Bürovermietung: Solide Nachfrage, knappe Flächen und steigende Mietpreise

Mit einem Flächenumsatz von rund 320.000 Quadratmetern konnte das vom pandemiebedingten Nachfragerückgang betroffene erste Halbjahr 2021 auf dem Münchner Bürovermietungsmarkt um 42 Prozent übertroffen werden. Damit liegt das Ergebnis im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Flächen wurde innerhalb des Mittleren Rings vermietet.

Peter Bigelmaier, Head of Office Letting München bei Colliers: „Der Bürovermietungsmarkt in München bewegt sich aktuell noch auf einem soliden Level. Insbesondere hochwertige Flächen in zentralen Lagen sind stark nachgefragt. Der Trend zu modernen Büroflächen in zentralen Lagen aufgrund gestiegener ESG-Anforderungen und zur Mitarbeiterbindung hat sich weiter verstärkt. Die vielen Abschlüsse in Neubau- und Revitalisierungsprojekten unterstreichen dies. Auch der Leerstandsanstieg hat sich deutlich verlangsamt: Wir rechnen mit einem Höhepunkt von 5 Prozent Ende des Jahres und daran anschließend mit einem geringeren Fertigstellungsvolumen ab 2023.“

Zum Ende des ersten Halbjahrs 2022 standen mit 1,102 Mio. Quadratmetern rund 122.000 Quadratmeter mehr leer als ein Jahr zuvor. Die Leerstandsquote lag bei 4,9 Prozent. Die Durchschnittsmiete stieg auf dem Gesamtmarkt um 13 Prozent, in Zentrumslagen um 7 Prozent und liegt nun bei  23,80 Euro. Die Spitzenmiete stieg um 9 Prozent auf nun 42,50 Euro pro Quadratmeter. Die Topmiete liegt mit knapp 50,00 Euro pro Quadratmeter auf absolutem Rekordniveau.

Unsicherheiten sorgen für abwartende Haltung bei Investoren

Die hohe Inflationsrate von derzeit 7,9 Prozent, der Anstieg der Rohstoff- und Baupreise und die daraus resultierenden deutlich anziehenden Bauzinsen führen zu großer Unsicherheit auf dem Münchner Transaktionsmarkt. Viele institutionelle Käufer und Verkäufer warten derzeit die weiteren Entwicklungen ab. Eine verlässliche Preiskalkulation von Projektentwicklungen ist derzeit kaum möglich, sodass der Transaktionsanteil von Forward-Sales in diesem Jahr deutlich geringer ausfallen wird.

Manuel Aller, Senior Director Capital Markets München bei Colliers, kommentiert: „Das Transaktionsvolumen des zweiten Quartals ist so niedrig wie zuletzt 2011. Viele laufende Prozesse verzögern sich durch Finanzierungsfragen. Wir erwarten für die Zukunft eine deutlich selektivere Vorgehensweise seitens der Investoren: Weiterhin stehen zentrale Lagen im Fokus. Hier führt der Mietpreisanstieg trotz dem zinsbedingten Druck auf Renditen zu anhaltend hohen Kapitalwerten pro Quadratmeter. Die Marktaktivität kann bei Entspannung der Lage aber schnell wieder zunehmen.“

Wohnen bleibt weiter teuer – Neubauaktivitäten werden durch Kostenanstieg belastet

Auf dem ohnehin schon teuren Markt für Wohnimmobilien in München ist auch 2022 noch keine Preiskorrektur nach unten zu beobachten. Im Gegenteil: Kaufpreise steigen weiterhin deutlich und auch die Mietpreise klettern weiter. Im Bestand liegen die durchschnittlichen Mietpreise bei 18,10 Euro pro Quadratmeter, im Neubau bei 20,90 Euro. Kaufpreise bei Eigentumswohnungen stiegen im gleichen Zeitraum um 3 Prozent auf 9.300 Euro pro Quadratmeter (Bestand) und 7 Prozent auf 11.400 Euro (Neubau). Im vergangenen Jahr wurden lediglich 8.655 Wohnungen genehmigt (2017 waren es 13.475) und 7.140 Wohnungen fertiggestellt (2017: 8.272).

Felix Kugler, Senior Director Investment Land & Residential bei Colliers, kommentiert: „Wir gehen davon aus, dass das bereits bestehende Wohnungsdefizit perspektivisch weiter wachsen wird. Dies liegt zum einen an exogenen Faktoren wie steigenden Zinsen und Baukosten, Lieferengpässen und dem Mangel an Baukapazitäten. Auf der anderen Seite kommen stark regulierende politische und rechtliche Rahmenbedingungen hinzu, die Neubauvorhaben für Bauherren unattraktiv machen, den freifinanzierten Wohnungsbau weiter verteuern und im Volumen reduzieren. Dies führt zu einem erhöhten Druck auf den Bestand, der weitere Miet- und Kaufpreissteigerungen zur Folge haben wird.“

Logistik: Hohe Nachfrage trifft auf begrenztes Angebot

Der Flächenumsatz auf dem Logistikmarkt liegt mit rund 110.000 vermieteten Quadratmetern 6 Prozent über dem Vorjahresergebnis. Die Spitzenmiete für Logistikflächen steigt auf 7,60 Euro pro Quadratmeter (Vorjahr: 7,50 Euro), die Durchschnittsmiete stagniert bei 6,90 Euro pro Quadratmeter. Die Leerstandquote liegt bei lediglich 0,2 Prozent. Aufgrund der geringen Neubautätigkeit wird die Nachfrage derzeit vorwiegend über den Bestand abgedeckt, der Trend in Richtung Brownfield-Entwicklungen wächst.

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