Geringe Marktaktivität bremst Berliner Investmentmarkt im dritten Quartal aus

  • Gewerbliches Transaktionsvolumen liegt Ende September bei 2,6 Milliarden Euro
  • Bürotransaktionen fallen auf den niedrigsten Stand seit 2009
  • Konstant hoher Anstieg der Spitzenrendite bei Büroimmobilien
  • Institutionelle Investoren weiterhin sehr zurückhaltend
  • Family Offices und private Investoren schließen vermehrt Deals ab
  • Bodenbildung zeichnet sich ab, Belebung in 2024 erwartet

Berlin, 04. Oktober 2023 – Nach Angaben von Colliers wurden in den ersten drei Quartalen 2023 auf dem Berliner Investmentmarkt Gewerbeimmobilien für 2,6 Milliarden Euro gehandelt. Das Ergebnis liegt 62 Prozent unter dem Vorjahresergebnis, während das zehnjährige Mittel um die Hälfte verfehlt wird (-51 Prozent).

Ulf Buhlemann FRICS, Head of Capital Markets bei Colliers in Berlin: „Über den Sommer blieb die Marktaktivität weiterhin sehr verhalten. Die neuerliche Zinserhöhung durch die EZB treibt die Finanzierungskosten weiter in die Höhe, sodass im Gegenzug die gebotenen sowie letztlich gezahlten Kaufpreise erneut nachgegeben haben. Institutionelle Investoren bleiben weiterhin abwartend, stattdessen nutzen eigenkapitalstarke Family Offices und private Investoren die aktuelle Marktphase für strategische Ankäufe. Daher fehlen die großen Tickets, was zur Folge hat, dass im gewerblichen Bereich in den vergangenen drei Monaten kein Deal über 50 Millionen Euro abgeschlossen wurde. Stattdessen sind Refinanzierungen die häufigste Handlungsalternative.“

Anteilserwerbe aus dem ersten Halbjahr prägen bisherige Jahresbilanz

Einzelhandelsimmobilien bleiben mit einem Marktanteil von 47 Prozent und 1,2 Milliarden Euro die umsatzstärkste Assetklasse. Neben dem Teilverkauf des Luxuswarenhauses KaDeWe und der Mehrheitsübernahme des Galeria Kaufhof inklusive des Hochhausprojektes „Mynd“ am Berliner Alexanderplatz wurden einige Fachmärkte und Fachmarktzentren verkauft. Neben guten Stadtteillagen sind hier insbesondere Objekte mit Nachverdichtungspotenzial attraktiv.

Bürotransaktionen hingegen beliefen sich auf knapp über 560 Millionen Euro, was das niedrigste Transaktionsvolumen seit der Finanzkrise 2009 markiert. Der Marktanteil fällt auf 22 Prozent. Nur knapp mehr als ein Dutzend Büroimmobilien wurden dieses Jahr bislang gehandelt. Mehrere Family Offices kauften kleine bis mittelgroße Büroimmobilien bis 50 Millionen Euro bevorzugt in Top-Lagen für den langfristigen Bestand. Die hier gezahlten Faktoren liegen aktuell teils deutlich über dem institutionellen Segment. Vor ähnlichem Hintergrund agieren Eigennutzer, die derzeit verstärkt ankaufen anstatt zu mieten.

Grundstücke schoben sich mit über 580 Millionen Euro sogar noch knapp vor Büroimmobilien. Neben Verkäufen von unter Druck geratenen Projektentwicklern rücken auch alternative Nutzungen wie Rechenzentren in den Fokus. Bei Ankäufen im klassischen Projektentwicklergeschäft hingegen klaffen die Kaufpreisvorstellungen weiterhin stark auseinander.

Weiterer kräftiger Anstieg der Spitzenrendite für Büros auf 4,60 Prozent

Die Renditen haben noch einmal kräftig angezogen. Die Bruttospitzenrendite für Berliner Bürogebäude liegt aktuell bei 4,60 Prozent. Das entspricht einem Anstieg um 40 Basispunkte zum Vorquartal und um 150 Basispunkte innerhalb der letzten zwölf Monate. Mit diesem Wert ist das Renditeniveau von 2015 erreicht.

Kemal Zeyveli FRICS, Regional Manager bei Colliers in Berlin: „Die Evidenz durch abgeschlossene Prozesse im Markt bleibt rar. Im institutionellen Segment nähern sich die Renditen in den Assetklassen an – während für Einzelhandel und Logistik bis zu 4,50 Prozent gezahlt werden, klettern Büros sogar auf 4,60 Prozent, wobei diese Spitzenrenditen unter anderem kalkulatorisch bzw. aus laufenden Prozessen und Gesprächen mit Investoren abgeleitet sind. Family Offices zahlen für ausgewählte Produkte mehr als die ausgewiesenen Faktoren, allerdings ist dieser Markt in Berlin traditionell kleiner als etwa in München.“

Für Büroimmobilien notieren B-Lagen bei 4,90 Prozent, während Stadtrandlagen 5,40 Prozent erreichen, wobei auch hier jeweils Anstiege von 40 Basispunkten zum Vorquartal zu verzeichnen sind. Fachmärkte und Fachmarktzentren haben sich vorerst bei 5,10 Prozent stabilisiert, während Hotels auf 5,30 Prozent zulegen.

Internationales Kapital eher auf Verkäuferseite aktiv

Das Verhältnis von internationalen zu nationalen Akteuren hält sich auf Käuferseite ungefähr die Waage. Der Marktanteil internationaler Käufer beläuft sich auf 47 Prozent. Auf Verkäuferseite hingegen überwiegen sie sehr stark mit 69 Prozent, wofür sich insbesondere die vielen Anteilsverkäufe verantwortlich zeichnen.

Core-Investments machen mit 54 Prozent bzw. 1,4 Milliarden Euro zwar die Mehrheit des Transaktionsvolumens aus, allerdings ist der Löwenanteil hiervon auf eben jene Anteilserwerbe zurückzuführen. Die Anteile der Risikoklassen Core Plus und Value Add fallen mit 14 sowie 7 Prozent deutlich unterdurchschnittlich aus. Opportunistische Investments haben mit 23 Prozent sowie fast 600 Millionen Euro stark zugenommen. „Aktuell ist viel opportunistisches Kapital auf dem Markt unterwegs, um insbesondere bei ‚distressed situations‘ zum Zuge zu kommen“, so Buhlemann.

Ausblick: Bodenbildung im Schlussquartal und Belebung in 2024 erwartet

„Wir erwarten auch in den nächsten drei Monaten keine substanziellen Änderungen der Rahmenbedingungen, sodass die Marktaktivität zumindest kurzfristig gedämpft bleiben wird. Durch das absehbare Ende der Zinserhöhungen und der damit einhergehenden Stabilisierung der Finanzierungskosten sehen wir aber bald die Talsohle erreicht und rechnen daher über das gesamte kommende Jahr hinweg mit einer graduellen Marktbelebung. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung lässt sich aufgrund der vielen externen Faktoren aber schwer prognostizieren. Der Berliner Markt mit seinen attraktiven Rahmenbedingungen und viel potenziellem Produkt wird aber weiterhin im Fokus nationaler sowie internationaler Investoren stehen“, schlussfolgert Zeyveli.

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