Frankfurter Investmentmarkt im zweiten Quartal von makroökonomischen Entwicklungen belastet
• Transaktionsvolumen von rund 3,0 Milliarden Euro im ersten Halbjahr
• Drastische Verlangsamung der Marktaktivität im zweiten Quartal
• Marktumfeld sorgt für assetübergreifende Preiskorrekturen
Frankfurt a. M., 06. Juli 2022 – Nach Angaben von Colliers wurden auf dem gewerblichen Immobilienmarkt in Frankfurt, inklusive Eschborn und Kaiserlei, im ersten Halbjahr 2022 rund 3,0 Milliarden Euro in Gewerbeimmobilien investiert. Mit diesem Ergebnis – stark beeinflusst vom Rekordauftaktquartal – wurde das zweitstärkste Halbjahresergebnis nach 2018 registriert und somit langfristige Vergleichswerte deutlich übertroffen. Beeinträchtigt durch Kriegssorgen, fortbestehende Corona-Gefahren, hohe Inflationsraten und sich abschwächender Konjunktur konnte im Verlauf des zweiten Quartals eine deutliche Abkühlung der Marktdynamik festgestellt werden, die zu einer Halbierung des Transaktionsvolumens gegenüber des Vorquartals um rund 52 Prozent führte.
David Poremba, Head of Capital Markets Frankfurt bei Colliers: „Nach dem durch Großtransaktionen auffällig starken Jahresstart äußerte sich das eingetrübte Wirtschaftsumfeld im zurückliegenden Quartal – Stichwort Stagflation – in einer nennenswerten Marktberuhigung. Die ausgebremste Transaktionsdynamik spiegelt sich deutlich in den Quartalszahlen wider. Demzufolge hat das überdurchschnittliche Transaktionsvolumen von 3,0 Milliarden Euro angesichts der jüngsten Marktentwicklungen keine wirkliche Aussagekraft über die Situation am Investmentmarkt. Insbesondere bei der isolierten Quartalsbetrachtung zeigt sich bereits in der ersten Jahreshälfte ein deutliches Gefälle in der Marktaktivität. Nach dem verheißungsvollen Jahresstart mit positiver Marktstimmung bis zum Ukraine-Krieg kam es im zweiten Quartal zu einem deutlichen Einbruch, der sich bei nur 16 Transaktionen in einem unterdurchschnittlichen Transaktionsvolumen von lediglich rund 1,0 Milliarde Euro äußerte. Dies bedeutet einen Rückgang um 33 Prozent und 16 Prozent zum fünf- bzw. zehnjährigen Durchschnitt der Q2-Volumina. Als größter Deal und wichtigster Faktor für dieses Volumen ist der Rückerwerb des Erbbaurechts für das Grundstück des Main Towers durch die Helaba für rund 232 Millionen Euro hervorzuheben, auf den rund ein Viertel des generierten Volumens entfiel. Ohne diese Sondertransaktion würde das Quartalsergebnis noch deutlich schwächer ausfallen und sich den Tiefstwerten der letzten Dekade nähern.“
Büroinvestments überwiegen auch im unsicherem Marktumfeld
Im bisherigen Jahresverlauf wurden mit 39 Transaktionen wesentlich weniger Abschlüsse verzeichnet als in den vergangenen neun Ersthalbjahren. „Im aktuellen Marktumfeld ist eine deutliche Abwartungshaltung vieler Marktteilnehmer erkennbar, die zu einer Verlängerung der Prozesse führt. Insbesondere durch das veränderte Finanzierungsumfeld und fehlender Vergleichstransaktionen agieren Investoren zurückhaltender und validieren ihre gestarteten Ankaufsprozesse insbesondere hinsichtlich realistischer Exit-Annahmen. Dies äußert sich aktuell in sehr niedrigen Transaktionsanzahlen“, betont Anton Holler, Regional Manager Frankfurt bei Colliers.
„Trotz der allgegenwärtigen Unsicherheitsfaktoren wurden auch weiterhin bereits angestoßene Transaktionen vereinzelt finalisiert. Dabei standen Büroimmobilien, bestenfalls in den Frankfurter Bestlagen, im Fokus der Investoren. Konkret wurden im Jahresverlauf rund 60 Prozent des Transaktionsvolumens auf den Central Business District (CBD) allokiert und somit der Kapitalfluss in CBD Investments nochmals verfestigt. Dieser betrug im fünfjährigen Rückblick rund 44 Prozent. Dazu trug exemplarisch die Veräußerung des Bürohochhauses K26 im Teilmarkt Bankenviertel für rund 155 Millionen Euro bei, was einem Kapitalwert von rund 13.450 Euro pro Quadratmeter entspricht. Mit dem Verkauf des Sitzes der IG Bau im Bürozentrum Mertonviertel oder der Behördenimmobilie Salvador-Allende-Straße 11 in Bockenheim konnten auch Transaktionen in Nebenlagen im mittleren zweistelligen Millionenbereich registriert werden. Durch derartige Transaktionen summierte sich der Marktanteil von Büroimmobilien mit rund 80 Prozent auf üblichem Frankfurter Niveau. An zweiter Stelle folgten mit großem Abstand Grundstücksdeals mit einem Marktanteil von rund 8 Prozent.“, erläutert Holler.
Anstieg der Renditeniveaus trotz fehlender Vergleichstransaktionen
Zum Ende des zweiten Quartals notierte die (Brutto-)Spitzenrendite für Büroimmobilien in den Top-Lagen des Frankfurter Marktgebietes bei 3,0 Prozent und somit 25 Basispunkte höher als zu Jahresbeginn. In den Nebenlagen lag die Rendite um circa 30 Basispunkte über dem Vorquartalsniveau. „Aufgrund der geringen Transaktionszahl seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist zum aktuellen Zeitpunkt eine datenbasierte Herleitung der Renditeniveaus nicht möglich – auch weil Transaktionen aus dem ersten Quartal aufgrund deutlich abweichender Fundamentaldaten ausgeklammert werden müssen. Hinzu kommt, dass abgeschlossene Deals aufgrund individueller Charakteristika wie fixierten Finanzierungskonditionen oder All-Equity-Ankäufe zum Vor-Kriegs-Niveau nicht repräsentativ für den Markt sind“, betont Poremba. „Aus den aktuellen Deals im Markt geht hervor, dass im aktuellen Bieterumfeld deutliche Diskrepanzen in der Erwartungshaltung von Käufern und Verkäufern vorherrschen. Dies mündete aufgrund potentieller Kaufpreisabschläge von 10 bis 20 Prozent zu den Vor-Kriegs-Konditionen nicht zuletzt in gescheiterten Veräußerungen. Hinzu kommt, dass sowohl Forward Deals als auch CAPEX-intensive Value-Add-Investments aufgrund schwer kalkulierbarer Baukosten durch Liefer- und Materialengpässe aktuell schwerer kalkulierbar sind. Der Markt befindet sich aktuell in einer Konsolidierung, sodass erste Preisadjustierungen, optimalerweise mit Stabilisierung der Rahmenbedingungen, in den kommenden Monaten identifiziert werden könnten“, ergänzt Holler.
Fazit und Ausblick
Die geopolitische und wirtschaftliche Gemengelage und daraus resultierende rasche Veränderung der makroökonomischen Rahmenbedingen spiegelt sich deutlich in den Quartalszahlen des Frankfurter Investmentmarktes wider. Es ist ein abruptes Ende des langjährigen Verteuerungsprozesses zu beobachten. „Aufgrund der hohen Inflationsraten wurde seitens der EZB in den kommenden Monaten ein erster Zinsschritt angekündigt, womit das Ende der Nullzinspolitik absehbar ist. Der deutliche Renditeanstieg für Staatsanleihen hat bereits dazu geführt, dass sich der Spread zur Bürospitzenrendite geschmälert hat. Ob sich im Verlauf des kommenden Quartals bereits belastbarere Aussagen zu Preiskorrekturen und somit zur Risikoprämie treffen lassen können, hängt stark davon ab, ob das Marktgeschehen eine repräsentative Anzahl an Transaktionen im neuen Zinsumfeld verzeichnen kann. Perspektivisch erschwert die Ungewissheit über den weiteren Kriegsverlauf und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung eine Prognose zum Transaktionsvolumen für das Gesamtjahr. Das Thema ESG wird weiterhin im Fokus der Investoren stehen. Zielankäufe bzw. Portfoliobereinigungen werden zunehmend kritisch unter Nachhaltigkeitsaspekten beurteilt. Positiv stimmt, dass sich der Vermietungsmarkt dynamisch entwickelt und im Vorjahresvergleich sowohl Nachfrage- als auch Mietpreisanstiege identifizierbar sind“, stellt Poremba heraus.
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