Drittbestes Zehn-Jahresergebnis am deutschen Einzelhandelsinvestmentmarkt
- Rückkehr zu anziehendem Investmentgeschehen im vierten Quartal, Gesamtjahr schließt somit deutlich über 10-Milliarden-Euro-Marke
- Corona-bedingte Sonderkonjunktur lässt Volumenanteil sortenreiner Lebensmitteleinzelhandelsformate auf ein Fünftel anwachsen
- Interesse an entwicklungsfähigen innerstädtischen Einzelhandelsobjekten gewinnt an Fahrt
- Auseinanderdriften der Renditeentwicklung gemäß Investorennachfrage verstärkt sich zum Jahresende
München, 8. Januar 2021 – Nach Angaben von Colliers wurden 2020 Einzelhandelsimmobilien für 11,4 Milliarden Euro in Deutschland verkauft. Das Transaktionsvolumen lag damit 12 Prozent über dem Vorjahresergebnis und löste 2019 als drittbestes Jahr der Dekade ab. Vor allem die Trendwende zum Jahresende mit einem Ergebnisplus von 42 Prozent gegenüber dem Vorquartal sorgte für einen positiven Abschluss des von der Corona-Krise geprägten Jahres.
Matthias Leube, CEO bei Colliers Deutschland: „Unsere Erwartungen hinsichtlich einer baldigen Erholung von Retailinvestments haben sich bestätigt. Sie folgt damit der Trendumkehr am gesamten Investmentmarkt mit nur einem Quartal Zeitversatz. Handelsobjekte bleiben trotz Strukturwandel und partiell starker Betroffenheit durch Pandemie-Einschränkungen gefragtes Produkt.“ Der Marktanteil dieser Nutzungsart, der 2019 auch wegen eines außerordentlich starken Transaktionsgeschehens im Bürosegment auf 14 Prozent zurückfiel, stieg binnen Jahresfrist um 5 Prozentpunkte auf 19 Prozent und bekräftigte erneut die Position von Einzelhandelsimmobilien als zweitstärkste Assetklasse – nach Büros mit 46 Prozent und vor Industrie- und Logistikimmobilien mit 13 Prozent.
Dirk Hoenig-Ohnsorg, Head of Retail Investment bei Colliers, bestätigt: „Beim größten Deal des vierten Quartals am deutschen Investmentmarkt insgesamt handelt es sich um ein Handelsportfolio.“ Das sogenannte Matrix-Portfolio umfasst 33 Metro-Großhandelsmärkte und wurde von Aroundtown an P3, der europäischen Logistikplattform des Staatsfonds GIC aus Singapur, für rund 800 Millionen Euro verkauft. „Es markiert für den Gesamtmarkt einen wichtigen Meilenstein für die Rückkehr ausländischer, insbesondere asiatischer Investoren nach dem ersten Lockdown im März“, ordnet Hoenig-Ohnsorg ein. So hielten sich Ende Dezember internationale Investoren mit 52 Prozent und nationale Anlegergruppen mit 48 Prozent in etwa die Waage.
Die größten Einzelhandelstransaktionen 2020 stammen allerdings aus dem ersten Quartal. Dazu zählt der Übergang von mehr als 30 Retailobjekten im Rahmen der TLG-Übernahme durch Aroundtown. Der Einzelhandelsanteil des Mischportfolios macht volumenmäßig rund ein Viertel des Gesamtvolumens von 4 Milliarden Euro aus. Eine ähnliche Größenordnung besitzt das Paket von 80 Real-SB-Warenhäusern, die die russische SCP Group für rund 900 Millionen Euro von der Metro erwarb.
Paketverkäufe weiter marktbeherrschend, großvolumige Einzeldeals im vierten Quartal wieder vermehrt zu beobachten
Diese marktprägenden Megadeals sowie vier weitere Portfolioübernahmen beziehungsweise -beteiligungen in der Größenordnung von jeweils einer halben Milliarde Euro aufwärts trugen maßgeblich zu dem hohen Anteil von Paketverkäufen bei, die mit 7,7 Milliarden Euro rund zwei Drittel des Gesamtvolumens ausmachten.
Die größte Einzeltransaktion wurde im dritten Quartal mit dem Verkauf des Karstadt-Warenhauses an der Hamburger Mönckebergstraße für rund eine Viertelmilliarde Euro von Quantum an Signa verzeichnet. Insgesamt wurden fünf Einzelobjekte im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich im Jahresverlauf registriert, davon zwei im vierten Quartal. So wurde mit dem Citypalais Duisburg das zweitgrößte Einzelobjekt für 109 Millionen Euro aus einem geschlossenen Fonds der Hannover Leasing an die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg Ende November bekannt. „Auch nach Verhängung des zweiten Lockdowns bleibt das Marktgeschehen im Gang“, so Hoenig-Ohnsorg und weiter: „Zudem belegen solche Transaktionen, dass Investoren zunehmend die Chance zur Repositionierungen innerstädtischer Hochfrequenzimmobilien als Mixed-Use-Objekte erkennen. Diese Entwicklung steht noch relativ am Anfang, erfährt durch die Corona-Krise aber aktuell einen zusätzlichen Bedeutungsschub.“
Bei den markbeherrschenden Investorengruppen hat sich wegen der aufgeführten Großdeals gegenüber dem Vorquartal kaum etwas am Ranking verändert. Die ersten drei Plätze belegen auf der Käuferseite dicht hintereinander offene Immobilien- und Spezialfonds mit 2,2 Milliarden Euro (19 Prozent Marktanteil) vor Immobilien AGs sowie Asset- und Fondsverwalter (jeweils 2,0 Milliarden Euro bzw. 18 Prozent). Bei den Verkäufern dominieren Immobilien AGs mit 39 Prozent bzw. 4,5 Milliarden Euro unangefochten das Geschehen vor Asset- und Fondsmanagern (15 Prozent) sowie offenen Immobilien- und Spezialfonds (36 Prozent).
Handelsvolumen von Lebensmittelfachmärkten hat sich seit 2016 mehr als verdreifacht
Bei den Betriebstypen entwickeln sich reine Lebensmittelfachmärkte immer stärker als ein wesentlicher Treiber des Investmentgeschehens. Zwischen 2016 und 2020 hat sich deren Transaktionsvolumen von 0,6 Milliarden Euro auf einen Rekordwert von 2,0 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Dabei erlebten Discounter, Supermärkte und SB-Warenhäuser 2020 durch die Corona-Krise eine Sonderkonjunktur. Binnen Jahresfrist hat sich das Volumen allein um dreißig Prozent gesteigert. Der Anteil an allen Einzelhandelsinvestments ist in den letzten fünf Jahren kontinuierlich von 6 auf 18 Prozent gestiegen.
Fachmärkte und Fachmarktzentren vereinten im abgelaufenen Jahr 5,7 Milliarden Euro auf sich, also insgesamt die Hälfte des Gesamtvolumens von Handelsobjekten und damit 13 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Innerstädtische Geschäftshäuser in 1a-Lagen, zu denen auch Waren- und Kaufhäuser zählen, landeten auf Platz 2 mit 4,0 Milliarden Euro bzw. 35 Prozent Marktanteil. Das entspricht einem Minus von 10 Prozentpunkten gegenüber 2019. Einkaufszentren verringerten ihren Marktanteil von 18 auf 15 Prozent und erreichten ein Anlagevolumen von 1,7 Milliarden Euro. Eng verbunden mit dem niedrigen Anteil von Geschäftshäusern und auch Einkaufszentren ist die geringe Quote von Transaktionen in den sieben deutschen Investmentzentren, deren Anteil während des vergangenen Jahres von 33 auf 21 Prozent gesunken ist.
Spreizung der Renditeentwicklung nach Betriebstypen und Lagekategorien verstärkt sich
Bei der Renditeentwicklung hat sich im Jahresverlauf die gegenläufige Entwicklung einzelner Betriebstypen verfestigt und spiegelt die unterschiedliche Investorennachfrage wider: Geschäftshäuser in den 1a-Lagen der sieben Investmentzentren dürften das historisch niedrige Niveau verlassen haben und Richtung 3,00 Prozent (netto) tendieren, während Shoppingcenter an frequenzstarken Standorten 4,80 Prozent erbringen. Spitzenrenditen von Fachmarktzentren entwickeln sich zunehmend Richtung 4,00 Prozent und sind somit niedriger als Shoppingcenter in Toplagen anzusetzen. Freistehende Fachmärkte werden zum Teil deutlich unter der 5,00 Prozentmarke gehandelt, wobei der Lebensmittelschwerpunkt hierbei einen wesentlichen Ausschlag gibt.
Ausblick: 10 Milliarden Euro als Mindestumsatz etabliert
Leube: „Die aktuelle Corona-Krise zeigt, dass alle Nutzungsarten bezüglich ihrer Resilienz in ihrer heterogenen Zusammensetzung zu beurteilen sind. Das lässt sich insbesondere für Handelsimmobilien aufzeigen. Während der Textileinzelhandel der Innenstädte aktuellen Schätzungen zufolge 2020 Umsatzeinbußen von voraussichtlich 22 Prozent hinnehmen musste, profitieren andere Branchen von einer Sonderkonjunktur, wozu neben dem Lebensmittelhandel auch non-food-Branchen wie Freizeit und Sport sowie Heimwerkerbedarf zählen. Selbst in diesem schwierigen Umfeld wurden mit dem vergleichsweise kleinvolumigen Fachmarkt- und Fachmarktzentrensegment als Hauptumsatzbringer ein jährliches Transaktionsvolumen von deutlich über 10 Milliarde Euro erzielt, das als Mindestumsatz auch für nächstes Jahr erwartet wird.“ Hoenig-Ohnsorg ergänzt: „Neben dem sehr dynamischen Handel mit Fachmärkten und Fachmarktzentren, den wir mit ins neue Jahr nehmen werden, wird sich erst mittelfristig das deutlich komplexere und zeitintensivere Geschäft mit repositionierten Innenstadtobjekten in steigenden Transaktionszahlen niederschlagen. Ein Anfang ist aber gemacht.“
Ansprechpartner:
Matthias Leube MRICS
Chief Executive Officer Germany
Colliers International Deutschland GmbH
T +49 69 719 192-0
[email protected]
Dirk Hoenig-Ohnsorg
Head of Retail Investment Germany
Colliers International Deutschland GmbH
T +49 89 624 294-0
[email protected]
Susanne Kiese
Head of Research Germany
Colliers International Deutschland GmbH
T +49 211 86 20 62-0
[email protected]
www.colliers.de
Martina Rozok
ROZOK GmbH
T +49 30 400 44 68-1
M +49 170 23 55 988
[email protected]
www.rozok.de