Colliers gibt Ausblick auf das Immobilienjahr 2023

•    Rezession trifft Vermietungsmärkte mit Zeitversatz
•    Belebung des Investmentgeschäfts ab der zweiten Jahreshälfte
•    ESG-Regulatorik und New-Work-Strategien greifen verstärkt

Frankfurt, 15. Dezember 2022 – Das Market Intelligence & Foresight Team des Immobilienberaters Colliers hat einen Ausblick für das Immobilienjahr 2023 veröffentlicht: Unter dem Credo „Herausforderungen meistern. Chancen nutzen“ nimmt der Bericht volkswirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklungen in Deutschland in den Blick und leitet Auswirkungen auf die verschiedenen Nutzungsarten ab.

Rezession wird relativ gering ausfallen
Eine wirtschafliche Rezession erscheint 2023 unausweichlich. Allerdings wird diese mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um –0,7 Prozent und einer Abschwächung des privaten Konsums um –0,6 Prozent vergleichsweise gering ausfallen. Hohe Energiekosten werden weiterhin ihren Einfluss haben, allerdings wirkt der hohe Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe wachstumsstabilisierend. Staatliche Entlastungspakete werden den Konsum in Deutschland stützen.

Belebung des Investmentgeschäfts ab der zweiten Jahreshälfte
Für den Immobilieninvestmentmarkt erwartet Colliers eine Belebung ab der zweiten Jahreshälfte 2023 aufgrund der hohen Liquidität von Investoren und der Annäherung von Preisvorstellungen. Das Value-Add-Segment wird bei dieser Marktbelebung eine tragende Rolle einnehmen, das Core-Segment wird folgen. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) wird im Frühjahr 2023 seinen vorläufigen Höchststand erreichen und mittelfristig wieder leicht sinken. Die Zinsvolatilität nimmt insgesamt ab. Für das Jahr 2023 wird mit einer geringeren Inflationsrate im Bereich von 5 Prozent gerechnet und damit einer Verbesserung gegenüber dem Jahr 2022, für das eine Inflationsrate von 8,4 Prozent erwartet wird.

„Die Konjunktur wird der Immobilienwirtschaft einen erschwerten Jahresstart 2023 bringen. Für die zweite Jahreshälfte deuten aber einige Indikatoren auf eine Marktbelebung hin und darauf sollten sich Investoren frühzeitig vorbereiten. Bei ihren Investmententscheidungen im kommenden Jahr sollten sie verstärkt in Betracht ziehen, dass die ESG-Regulatorik noch schärfere Bestimmungen vorsieht. Nachhaltigkeit wird daher trotz aller weiteren Einflüsse der wichtigste Faktor für Kaufentscheidungen 2023 sein“, sagt Matthias Leube, CEO von Colliers in Deutschland.

Büromarkt steht vor Herausforderungen
An den Top 7 Bürostandorten in Deutschland wird der Büroleerstand 2023 um etwa 0,4 Prozentpunkte auf rund 6 Prozent steigen. Ein gleichzeitiges Wachstum der Bürobeschäftigten um 1,2 Prozent wirkt in diesem Kontext stabilisierend. Die Polarisierung auf dem Bürovermietungsmarkt wird weiter zunehmen: Während die Nachfrage nach Zentrumslagen hoch bleibt und Flächenknappheit herrscht, geraten Randlagen in der Vermietung zunehmend unter Druck. Bei Büroinvestments wird der Fokus entsprechend noch stärker auf zentrale Lagen und ESG-konformen Immobilien liegen. Bruttoanfangsrenditen unter 3,5 Prozent werden nur bei außergewöhnlichen Büroobjekten erreicht werden. Die Bruttoanfangsrenditen erwartet Colliers überwiegend im Bereich von rund 4 Prozent.

„Der Bürovermietungsmarkt wird 2023 auch deswegen gestützt, weil Unternehmen bislang nur diskutierte New-Work-Strategien bei ihren Standortentscheidungen zunehmend umsetzen. Moderne, flexible Büroimmobilien haben hier einen klaren Wettbewerbsvorteil“, sagt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers in Deutschland.

Industrie und Logistik performt weiter
Aufgrund der anhaltenden Flächenknappheit in allen Top 8 Märkten werden der Industrie- und Logistikflächenumsatz im Jahr 2023 um rund 15 Prozent zurückgehen und die Mietpreise gleichzeitig um circa 8 Prozent steigen. Im Rahmen eines verstärkten Near-Shorings werden von der Industrie vor allem größere Pufferlager in Europa nachgefragt, um Lieferfähigkeit zu gewährleisten. In der zweiten Jahreshälfte 2022 kam es aufgrund des eingetrübten Konsumklimas vermehrt zu Untervermietungen von E-Commerce-Unternehmen an Logistikdienstleister. Dieser Trend wird sich ab der zweiten Jahreshälfte 2023 aufgrund der angekündigten staatlichen Unterstützungsprogramme wieder umkehren.

Lebensmittelhandel bleibt krisenresilient
Trotz stark rückläufiger Kauflaune und großer Verunsicherung der Konsumenten vermeldete der Handel Ende 2022 vor allem preisgetriebene Umsatzsteigerungen. Insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel kann somit eine gewisse Krisenresilienz verzeichnen und ist als Investmentprodukt weiterhin attraktiv. Die Bruttoanfangsrendite für Fachmärkte mit Lebensmittelschwerpunkt wird 2023 bei 5 Prozent liegen. Hierfür wird es im kommenden Jahr auch im Hinblick auf Assetdiversifikation weiterhin eine starke Nachfrage geben. Traditionell gemanagte Shopping Center werden weiter unter der Transformation im Einzelhandel leiden. Die dominanten Shopping Center bleiben für die Einzelhandelskonsumenten attraktiv. Insgesamt sind vermehrt neue Konzepte und Alternativnutzungen gefragt, um die Performance dieser Immobilien zu stabilisieren. Colliers erwartet im kommenden Jahr ein geringes Transaktionsvolumen, solange die Asset Management Aufgaben noch nicht erledigt sind.

Anhaltende Konsolidierung auf dem Hotelmarkt
Der Hotelmarkt ist aus Sicht von Colliers weiterhin unterbewertet und die Investoren sind noch durch die Eindrücke der Corona-Pandemie geprägt. Auslastung und Preise haben sich jedoch auch wegen der reduzierten Bettenzahlen in den Großstädten sehr gut entwickelt. Da Preiskorrekturen bereits während der Pandemie stattgefunden haben, waren auf dem Hotelinvestmentmarkt 2022 nur geringere Anpassungen sichtbar. Diese Entwicklung erwartet Colliers auch für 2023. Die Assetklasse wird allerdings im Zuge der Erholung der Investmentmärkte wieder an Attraktivität gewinnen. Die Betreibermärkte werden sich in dieser Phase weiter konsolidieren. Große, internationale Betreibermarken werden ihren Marktanteil erhöhen.

Neubaulücke bei Wohnen wächst weiter an
Das Ziel der Bundesregierung von 400.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr rückt in weite Ferne und ist auch 2023 nicht zu erreichen. Die Politik muss Entwicklern und Investoren weitere Förderprogramme zur Verfügung stellen, damit die Engpässe auch aufgrund der Zuwanderung nicht weiter an Dramatik gewinnen. Der Einbruch der Baugenehmigungen sowie ein deutlich rückläufiger Auftragseingang im Bauhauptgewerbe im Jahr 2022 sind Indikatoren für eine Verschärfung der Situation im Jahr 2023. Diese Entwicklung wird in den Ballungsräumen zu Mietwachstumspotential führen, das den Renditeanstiegen entgegenwirkt.

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