Aktuell viel Bürofläche in Berlin im Bau, aber ab 2025 droht Angebotslücke – hohe Mietpreissteigerungen im Neubau erwartet

  • Colliers hat über 550 Berliner Büroneubauprojekte analysiert – davon sind aktuell 134 mit 1,5 Mio. Quadratmeter Bürofläche im Bau mit Fertigstellung bis 2027 und aktueller Vorvermietungsquote von 40 Prozent
  • Angebotslücke droht: Aktuell nur 25 Neubauten für Fertigstellung ab 2025 im Bau – weitere Projekte gehen nur begrenzt im Bau
  • Nachfrage nach taxonomiekonformen Büroflächen größer als Angebot – Mietpreissteigerungen bei Projektentwicklungen erwartet

Berlin, 28. März 2023 – Colliers hat das zweite Jahr in Folge den Berliner Markt für Büroprojektentwicklungen in den Fokus genommen und genau hingeschaut: Wo wird aktuell noch gebaut und wie viel? Wird noch spekulativ gebaut? Wann wird angemietet? Dazu hat Colliers im Februar und März 2023 über 550 Büroneubauprojekte im Berliner Marktgebiet geprüft.

Ulf Buhlemann FRICS, Head of Capital Markets bei Colliers in Berlin: „Aktuell sind 134 Büroneubauten mit fast 1,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche im Bau, die bis zum Ende des Jahres 2027 fertiggestellt sein werden. Davon werden 1,35 Millionen Quadratmeter bis Ende 2025 fertiggestellt. Die Vorvermietungsquote beträgt aktuell 40 Prozent und wir gehen davon aus, dass das bislang verfügbare, noch nicht vermietete Flächenangebot von ca. 892.000 Quadratmetern bis Ende 2025 größtenteils vom Markt absorbiert werden wird. Gleichzeitig erwarten wir, dass die Leerstandsquote bis Ende 2025 leicht steigen wird. Während die Fertigstellungen für 2023 und 2024 relativ transparent sind, hat uns interessiert, was darüber hinaus kommt und welche Projekte im derzeitigen Marktumfeld noch in Bau gehen.“

Aktuell sind 17 Büroneubauten mit 335.900 Quadratmeter Bürofläche mit geplanter Fertigstellung in 2025 im Bau. 32 weitere noch nicht im Bau befindliche Projekte mit 233.000 Quadratmeter Bürofläche könnten – soweit innerhalb der nächsten 6 Monate ein Baustart erfolgt – noch 2025 fertiggestellt werden. Bei diesen 32 Projekten beträgt die Vorvermietungsquote aktuell 28 Prozent. „Vor diesem Hintergrund erscheint eine Fertigstellung bis dahin relativ unwahrscheinlich. Wir rechnen bei maximal einem Drittel dieser Projekte mit einer möglichen Fertigstellung bis Ende 2025“, so Buhlemann. Für Fertigstellungen ab 2026 bestehen noch deutlich mehr Optionen. Aktuell sind hier acht Neubauten mit prognostizierter Fertigstellung 2026 im Bau, konkrete Planungen existieren jedoch für fast 90 weitere Neubauten mit rund 800.000 Quadratmeter Fläche.

„Wie viel Neubaufläche ab dem Jahr 2025 tatsächlich fertiggestellt wird, hängt maßgeblich davon ab, bei wie vielen Projekten in den nächsten Monaten tatsächlich mit dem Bau begonnen wird. Voraussetzungen dafür sind neben einer erteilten Baugenehmigung vor allem eine ausreichende Vorvermietung und damit einhergehend eine gesicherte Finanzierung. Die Zahlen zeigen, dass eine große Anzahl von Entwicklern potenziell bauen könnte, allerdings rechnen wir nur bei einem geringen Teil mit einer tatsächlichen Realisierung bis 2025/26. Fehlt eine der vorgenannten Voraussetzungen, führt dies zu Verzögerungen. Eine reine Bauankündigung und gegebenenfalls der Erdaushub der Baugrube sehen wir daher nicht zwingend als wirklichen Baustart an. Ab 2025 droht daher eine Angebotslücke, da nur sehr begrenzt neue Projekte in Bau gehen werden“, so Buhlemann.

Lagen innerhalb der Ringbahn sind gefragt – Erhöhtes Leerstandsrisiko in einzelnen Lagen

Da in den CBD-Lagen kaum mehr Neubaupotenziale existieren, liegen die Schwerpunkte außerhalb der klassischen Geschäftszentren. Innerhalb der Ringbahn (ohne CBDs) befinden sich 873.000 Quadratmeter im Bau, außerhalb der Ringbahn sind 487.000 Quadratmeter im Bau. Während die CBD-Lagen aufgrund des knappen Angebots auf eine Vorvermietungsquote von 48 Prozent kommen, liegt sie außerhalb der Ringbahn bei 36 Prozent und damit unter dem Berliner Durchschnitt von 40 Prozent.

Wo gebaut wird, bleibt also einer der wichtigsten Faktoren. Fast vollvermietet sind die Neubauten im Südkreuz – bei 33.400 Quadratmetern erreicht die Vorvermietung hier 97 Prozent. Im Teilmarkt Hauptbahnhof / Europacity sowie der Mediaspree sind jeweils rund 170.000 Quadratmeter Bürofläche im Bau – bei hohen Vorvermietungsquoten von 69 sowie 60 Prozent. In den Randgebieten des Berliner Ostens hingegen sind 143.000 Quadratmeter erst zu 29 Prozent vorvermietet. Ebenfalls begrenzt bleibt die Nachfrage in Schönefeld, für 19.000 Quadratmeter im Bau liegt die Vorvermietung bei neun Prozent.

Weiterhin spekulative Baustarts, da Nutzer verstärkt mit kürzeren Vorlaufzeiten mieten

In den letzten 15 Monaten sind über 435.000 Quadratmeter Bürofläche komplett ohne Vorvermietung spekulativ in Bau gegangen. Der Löwenanteil davon befindet sich mit über 365.000 Quadratmetern (84 Prozent) innerhalb der Ringbahn oder in unmittelbarer Nähe zur Ringbahn. Dieses hohe spekulative Bauvolumen ohne Vorvermietung steht im Kontrast zu den steigenden Anforderungen seitens der Banken und Finanzierungsgeber, die zunehmend höhere Vorvermietungsquoten zur Voraussetzung für einen Baustart machen.

Einer der Gründe für spekulative Baustarts liegt im Anmietungsverhalten seitens der Nutzer. Die von Mietern akzeptierten Vorlaufzeiten bis zum Bezugstermin haben sich stark verkürzt. Anstatt mehrerer Jahre wird zur Zeit häufig nur bis zu zwölf Monate vor Bezug gesucht. Unsicherheiten auf Mieterseite über die benötigte Flächengröße, Umsetzung von New Work-Arbeitswelten, befürchtete Bauverzögerungen bei Projekten und das wirtschaftliche Umfeld spielen hier eine Rolle. Ausnahmen bilden sehr großvolumige Flächengesuche von mehr als 10.000 Quadratmetern, bei denen in der Regel mehr als zwölf Monate Vorlaufzeit akzeptiert werden müssen.

Folglich sind Anmietungen bei im Bau befindlichen Objekten und in fertiggestellten Neubauten in die Höhe geschnellt. Diese erreichten in den vergangenen beiden Jahren rund ein Drittel des Flächenumsatzes. Im Gegenzug haben Projektanmietungen, das heißt Anmietungen vor Baubeginn, stark abgenommen. Nach einem Hoch im Jahr 2020 von 21 Prozent wurden 2022 nur noch fünf Prozent des Berliner Flächenumsatzes vor Baubeginn angemietet.

Ebenfalls gestiegen ist der Anteil sanierter Flächen, auf zuletzt 24 Prozent in 2022 – hochwertig sanierte Bestandsflächen überzeugen immer mehr Mieter. Nicht sanierte Bestandsflächen hingegen kommen unter Druck: Lag der Anteil von 2012 bis 2018 bei rund 70 Prozent, so ist dieser zuletzt auf knapp 40 Prozent geschrumpft.

Zwei Drittel der Fläche ist zertifiziert – Gold-Zertifikate am beliebtesten, Platin nimmt zu

Das Thema zertifizierte und taxonomiekonforme Büroflächen ist vollends auf dem Markt angekommen. 68 Prozent der aktuell im Bau befindlichen Flächen sind vorzertifiziert oder streben ein Zertifikat an. Bei der Minderheit von nicht zertifizierter Bürofläche handelt es sich häufig um Eigennutzer oder der Zertifikats-Status ist teilweise noch in Klärung.

Gold-Zertifikate sind mit Abstand am beliebtesten (40 Prozent). Platin-zertifizierte Objekte, vormals eine Nische für ausgewählte Frontrunner, sind mit 21 Prozent mittlerweile fast Standard im Top-Segment. Die Silber-Zertifizierung hingegen ist auf dem Rückzug. DGNB-Zertifizierungen führen mit 41 Prozent, LEED-Zertifizierungen erzielen 20 Prozent. BREEAM-Zertifizierungen spielen in der Hauptstadt im Neubaubereich keine Rolle und werden überwiegend im Bestand verwendet.

Ausblick: Angebotsknappheit ab 2025 und steigende Büromieten im Neubausegment erwartet

Nathalie Wegner, Head of Office Letting bei Colliers Berlin: „Auf den ersten Blick kommt viel im Bau befindliches Angebot in einem Umfeld aus steigenden Energie-, Bau- und Finanzierungskosten, Remote Working und wirtschaftlicher Abkühlung auf dem Markt, was die Bereitschaft zum Bauen und die Flächennachfrage temporär sinken lässt.“

Selbst hohe Vorvermietungsquoten sind kein Garant mehr für einen Baustart. „Wir beobachten in ersten Präzedenzfällen, dass Entwickler trotz guter Vorvermietung aufgrund der gestiegenen Kosten und unsicheren Exit-Faktoren erwägen, Projekte nicht mehr zu realisieren. Je nach Lage werden Büroneubauten zur Zeit für Faktoren von 21- bis 25-fach verhandelt, und selbst zu diesen Preisen werden sich die Verhandlungspartner aktuell nur selten einig“, kommentiert Buhlemann. Folglich stellt der unsichere Exit ein großes Risiko dar.

„Auf der anderen Seite stehen moderne, taxonomiekonforme Bürogebäude in guten Mikrolagen bei Mietern und Investoren gleichermaßen im Fokus“, stellt Buhlemann fest und prognostiziert: „Wir erwarten aufgrund der Unsicherheiten eine Anpassung der Projektpipeline nach unten, sodass ab 2025 eine Angebotslücke auf dem Markt entsteht, von der gut kapitalisierte Projektentwickler profitieren können.“

„Da der Berliner Immobilienbestand zur Zeit überwiegend nicht taxonomiekonform ist, rechnen wir aufgrund der großen Nachfrage nach zertifizierten Flächen kurz- bis mittelfristig mit einen Nachfrageüberhang bei modernen Büroflächen, der auf eine höhere Mietzahlungsbereitschaft und verstärkten Nutzerwettbewerb trifft. Wir prognostizieren daher trotz steigender Leerstandsquoten ein zukünftiges Ansteigen der Spitzenmiete in Büroneubauten in entsprechend zentralen oder gut angebundenen Lagen. Neue Formen des Mietvertrags wie Green Leases gewinnen an Bedeutung“, schlussfolgert Wegner.

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