Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie – und ihre Folgen für den deutschen Immobilienmarkt

Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie – und ihre Folgen für den deutschen Immobilienmarkt

Am 12. März 2024 hat das Europäische Parlament die Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) beschlossen. Der Rat der Europäischen Union wird diese in Kürze bestätigen. Deutschland und die weiteren Mitgliedstaaten haben dann maximal 24 Monate Zeit, die neuen Ziele zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors in nationales Recht zu übertragen. Die Ziele selbst aber sind klar definiert und die Richtlinie wird deutliche Auswirkungen auf den deutschen Immobilienmarkt haben.

Neubau mit emissionsfreier Klimabilanz

Laut der beschlossenen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) sollen alle neuen Gebäude in Europa ab dem Jahr 2030 eine emissionsfreie Klimabilanz aufweisen. Für neue Gebäude, die von Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen genutzt werden oder sich in deren Besitz befinden, gilt dieses Ziel bereits für das Jahr 2028. Bei der Berechnung der Emissionen sollen sich die Mitgliedstaaten am gesamten Lebenszyklus einer Immobilie orientieren. Dazu zählen auch die Herstellung und Entsorgung der verwendeten Bauprodukte.

Schrittweise Emissionsreduktion bei Wohngebäuden im Bestand

Bei Wohngebäuden im Bestand müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen definieren und umsetzen, um den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um mindestens 20 bis 22 Prozent zu senken. Diese Zielvorgabe wird massive Auswirkungen auf den deutschen Wohnbestand haben und zahlreiche Sanierungsvorhaben anstoßen.

Wachsende Anforderungen an die Klimaperformance von Gewerbeimmobilien

Größere Sanierungswellen kommen auch auf die Gewerbeimmobilien im europäischen Bestand zu. Bis 2030 müssen 16 Prozent der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Klimabilanz saniert werden, um die neuen Mindestanforderungen an Energieeffizienz zu erfüllen. Bis zum Jahr 2033 steigt diese Untergrenze dann sogar auf 26 Prozent der Gewerbeimmobilien an.

Solaranlagen werden zum Standard

Überall dort, wo es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, müssen die Mitgliedstaaten der EU bis 2030 schrittweise Solaranlagen an öffentlichen Gebäuden, Nichtwohngebäuden und allen Wohnneubauten installieren. Zwar ist diese Maßgabe auch an die Größe einer Immobilie gekoppelt, aber grundsätzlich gilt: Solaranlagen sollen flächendeckend zum Standard werden.

Ausstieg aus Heizkesseln für fossile Brennstoffe

Im Rahmen der großen Dekarbonisierung des Gebäudesektors sollen europaweit auch die Heizsysteme modernisiert werden. Bis 2040 sollen die Mitgliedstaaten der EU aus der Verwendung fossiler Brennstoffe zum Heizen und Kühlen von Immobilien aussteigen. Auf dem Weg dorthin soll es auch finanzielle Anreize zur Nutzung hybrider Heizsysteme geben, damit bestehende Heizkessel etwa mit einer solarthermischen Anlage oder einer Wärmepumpe kombiniert werden. Inwiefern die Gesellschaft diese Zielvorgaben mittragen wird, bleibt abzuwarten, aber die Ziele sind durch die EU eindeutig formuliert.

Wie weit werden die Ausnahmen reichen?

Um wirtschaftliche Effizienz und Augenmaß zu gewährleisten, hat das EU-Parlament auch diverse Ausnahmen bestätigt, die nicht unter die neue Gebäuderichtlinie fallen sollen. Dazu zählen landwirtschaftliche Gebäude ebenso wie denkmalgeschützte Immobilien. Zudem können die EU-Länder Ausnahmen beschließen für Objekte, die aufgrund ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes geschützt sind. Auch temporäre Bauten und Kirchengebäude können von der Richtlinie ausgeschlossen werden.

Es wird spannend sein, zu beobachten, wie weit die Mitgliedstaaten den Spielraum für Ausnahmen ausreizen werden. Das Hauptziel aber bleibt bestehen und ist genau richtig: Der Gebäudesektor muss so schnell wie möglich transformiert werden, um Klimaschutzziele zu erreichen.


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