Zur Jahresmitte ungebremste Investmentdynamik am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt

  • Transaktionsvolumen von 24,9 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2019 bestätigt unverändert hohe Investmentdynamik 
  • Großvolumige Einzeldeals bescheren TOP 7 nach Vorjahres-Allzeithoch zweitbestes je registriertes Halbjahresergebnis
  • Internationales Kapital sucht ungebrochen den Weg nach Deutschland
  • Rekordniedrige Spitzenrenditen bei Core-Produkten weiter akzeptiert
  • Einige Megadeals im Markt für 2019

Frankfurt/Main, 4. Juli 2019 – Nach Angaben von Colliers verzeichnete der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt mit 24,9 Milliarden Euro Transaktionsvolumen erneut ein außergewöhnlich starkes erstes Halbjahr. Befeuert durch ein sehr dynamisches Transaktionsgeschehen im zweiten Quartal wurde die 25-Milliarden-Euro-Marke, die in den beiden Ausnahmejahren 2017 und 2018 zur Jahresmitte überschritten wurde, nur knapp verfehlt. Der Rückgang von nur einem Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr des Vorjahres ist vernachlässigbar gering. Der Zehnjahres-Durchschnittswert für die Beobachtungsperiode, der allerdings auch die Abschwungphase der Finanzkrise nach 2008 umfasst, wird um satte 58 Prozent, der starke Fünfjahres-Durchschnitt immerhin noch um 13 Prozent übertroffen.

Matthias Leube, CEO bei Colliers Deutschland: „An diesen Zahlen ist die außergewöhnliche Stabilität und Dauer des derzeitigen Investmentbooms abzulesen, der aktuell von verschiedenen Seiten neue Nahrung erhält und somit ein weiteres überdurchschnittliches Investmentjahr erwarten lässt.“ Zu dieser Einschätzung tragen unter anderem die unveränderten Rahmenbedingungen am Kapitalmarkt bei. „Die Ankündigung der EZB, die Abkehr von der Nullzinspolitik weit in das Jahr 2020 zu verschieben und weitere geldpolitische Lockerungen in Aussicht zu stellen, stützt die Attraktivität der Assetklasse Immobilie vor allem in Deutschland in den nächsten zwei Jahren. Angesichts dieser Entwicklungen wundert es nicht, dass die Immobilienquote deutscher Versicherer erstmals bei über 10 Prozent liegt – so hoch wie nie zuvor.“ Dazu trägt auch die erneute Negativverzinsung deutscher zehnjähriger Staatsanleihen im April und Mai bei, die letztlich auch die Erwartungshaltung vor allem risikoaverser Investoren in die Krisenfestigkeit Deutschlands widerspiegelt. „Angesichts zunehmender handelspolitischer Spannungen und anderer konjunkturbremsender wirtschaftlicher sowie politischer Krisen weltweit steht Deutschland als Anlageziel weiter ganz oben auf der Wunschliste der Investoren. Die starken Signale von den Vermietungsmärkten unterstützen die positive Erwartungshaltung auf gesicherte Cash-Flows“, so Leube.

In den ersten sechs Monaten des Jahres lag der Anteil internationalen Kapitals bei 10,7 Milliarden Euro, was einem Marktanteil von 43 Prozent entspricht. Nach Ländern ausgewertet führen die USA mit 1,9 Milliarden Euro die Liste ausländischer Immobilienanleger in Deutschland an. Der überschrittene Zenit im US-amerikanischen Investmentzyklus sowie die allseits erwartete Abkühlung des Wirtschaftswachstums, die die FED bereits zu einer Ankündigung erneut sinkender Leitzinsen veranlasste, sind wesentliche Gründe für ein verstärktes Engagement jenseits des Atlantiks.

Auf Platz 2 liegen Investoren aus Großbritannien mit 1,8 Milliarden Euro. Neben der Vermittlerfunktion, die britische Asset- und Fondsmanager im Auftrag globaler Anleger wahrnehmen und daher die wahre Herkunft des meist globalen Kapitals nur indirekt bekannt ist, dürfte der noch immer ungewisse Ausgang des Brexits einen wesentlichen Beitrag zu dem erneut starken Ergebnis leisten.

TOP 7 mit besonders dynamischem Transaktionsgeschehen

Besonders dynamisch war das Transaktionsgeschehen erneut in den sieben Investmenthochburgen des Landes, wo in den vergangenen sechs Monaten 53 Prozent des Anlagekapitals platziert wurden. Das Allzeithoch des Vorjahres wurde mit 13,5 Milliarden Euro lediglich um fünf Prozent verfehlt und ist damit das zweitbeste je registrierte Halbjahresergebnis.

Einen neuen Anlagerekord konnte Berlin mit einem Transaktionsvolumen von 4,9 Milliarden Euro verzeichnen – ein Plus von 85 Prozent gegenüber Juni 2018. Basis dafür sind Großdeals aus dem ersten Quartal, allen voran der Verkauf des Bürokomplexes Oberbaum City für 500 Millionen Euro. Im zweiten Quartal wurde mit dem Carrée Seestraße (Osram Höfe), das von der Deutschen Real Estate AG an Cording Real Estate überging, die größte Transaktion mit einem Volumen von 225 Millionen Euro getätigt.

München und Frankfurt fielen gegenüber den Höchstständen aus dem Vorjahr um 24 bzw. 17 Prozent zurück, blieben aber im langjährigen Vergleich überdurchschnittlich. Nach einem ruhigen Jahresauftakt summierten sich zur Jahresmitte in der Bankenmetropole die Abschlüsse einiger seit längerem in Vorbereitung befindlicher Landmark-Deals zu einem Investmentvolumen von 2,6 Milliarden Euro auf. Mit dem Büroobjekt „Die Welle“ wurde noch kurz vor Quartalsende die deutschlandweit größte Einzeltransaktion des ersten Halbjahres bekanntgegeben. Für 620 Millionen Euro ging die Immobilie, die von Norges Bank und Axa Investment für den norwegischen Staatsfonds gehalten wurde, an Invesco Real Estate über. In der bayerischen Landeshauptstadt hingegen werden erst in der zweiten Jahreshälfte weitere Großdeals zum Abschluss kommen. Immerhin wurde mit dem Erwerb eines 60-Prozent-Anteils am Siemens-Campus Neuperlach, den der chinesische Pensionsfonds Gingko Tree hielt, durch Aroundtown und RFR der zweitgrößte Einzeldeal in Deutschland registriert. Damit beträgt der Investmentumsatz von München 2,2 Milliarden Euro.

Den vierten Platz belegt Düsseldorf, das mit 1,2 Milliarden Euro einen neuen Halbjahresrekord aufstellte. Dazu trugen drei Deals über jeweils 100 Millionen Euro bei, unter anderem das Bürogebäude Herzog-Terrassen. Zwei weitere Transaktionen lagen knapp unterhalb dieser Marke. Die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen schiebt sich damit vor Hamburg, das nach einem ruhigen ersten Halbjahr gerade noch die Eine-Milliarde-Euro-Marke knackte.

Ebenfalls dank zweier Deals zu jeweils über 100 Millionen Euro (Teilverkauf Barthonia Forum, Wallarkaden) sowie einiger größerer Hoteltransaktionen liegt Köln mit einem Transaktionsvolumen von 810 Millionen Euro zu einem Drittel über dem Vorjahresniveau. Produktmangel führte in Stuttgart nach einem eher schwachen zweiten Quartal und einem Transaktionsvolumen von 744 Millionen Euro in den Monaten Januar bis Juni zum niedrigsten Ergebnis unter den TOP 7. Standortprägend bleibt hier der Verkauf der Königsbau-Passagen aus dem ersten Quartal für 280 Millionen Euro.

Portfolioverkäufe erreichen niedrigen Stand – für zweites Halbjahr starkes Transaktionsvolumen erwartet 

Insgesamt hat sich der Trend zu großvolumigen Einzelkäufen seit dem letzten Jahr nochmals verstärkt. Auf Single-Deals entfielen mit 21,0 Milliarden Euro 84 Prozent des Transaktionsvolumens. Portfoliotransaktionen dagegen erreichten mit 3,9 Milliarden Euro einen Marktanteil von 16 Prozent. Das Minus von 13 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr markiert einen neuen Tiefstand, obwohl die größte Transaktion des laufenden Jahres mit einem Volumen von deutlich über einer Milliarde Euro auf einen Paketverkauf entfiel. Dabei handelt es sich um die Komplettübernahme aller 57 Kaufhof-Warenhäuser, die die österreichische Immobilien AG Signa bereits im Zuge der Verschmelzung von Karstadt und Kaufhof im Herbst letzten Jahres zu 50 Prozent teils von der kanadischen Hudson’s Bay Company und weiteren Joint-Venture-Partnern beziehungsweise von Galeria Kaufhof AG übernommen hatte.

Christian Kadel, Head of Capital Markets bei Colliers: “Bei den Portfolien beobachten wir – noch stärker als bei Einzeldeals – den Trend, dass sich die Verkaufsphase bis zum Signing des Deals deutlich länger hinzieht. Verfügbare Produkte werden zunehmend komplizierter. Ob Erbbaurecht, Brandschutz oder Standorte außerhalb etablierter Lagen – intensivere Ankaufsprüfungen, erst recht in dieser reifen Marktphase, sind die Folge und betreffen insbesondere Portfolien, die noch komplexer in der Bewertung sind als Einzelobjekte. Das Metro-Real-Portfolio oder das Fachmarktportfolio Salt & Pepper sind nur einige marktbekannte Beispiele.“

Renditen sinken nur noch vereinzelt für Core-Produkt

In diesem Zusammenhang ist auch eine abnehmende Bereitschaft zu steigenden Kaufpreisen abseits des Premiumsegmentes zu beobachten. Während in den letzten drei Monaten beispielsweise die Brutto-Spitzenrenditen im Bürosegment nochmals nachgegeben haben – so in München und Stuttgart um 10 Basispunkte auf nun 2,90 Prozent bzw. 3,30 Prozent oder in Frankfurt um gar 20 Basispunkte auf 3,10 Prozent – sind diese in B-Lagen der TOP 7 weitestgehend stabil geblieben.

Kadel: „Angesichts der wirtschaftlichen Eintrübungen im globalen Welthandel und dem nun schon mehrere Jahre lang anhaltenden Aufwärtstrend im Immobiliensektor werden Chancen für Mietsteigerungen nicht von allen potentiellen Käufern gesehen. Zudem haben sich abseits der Top-Lagen die Renditen vielerorts bereits stark dem Niveau der A-Lagen angenähert. In Stuttgart beträgt die Differenz zwischen A- und B-Lagen nur noch 20, in Düsseldorf 15 und in Berlin gerade noch 10 Basispunkte. In diesen Nebenlagen liegt die entsprechende Bruttorendite für sehr gute Objekte mittlerweile bei 3,20 Prozent und überschreitet in keiner anderen TOP 7-Stadt die Vier-Prozent-Marke. Die Kompression dürfte an diesen Standorten weitestgehend abgeschlossen sein. Nachgeben könnten die Renditen noch in peripheren Bürolagen einiger Märkte, wenngleich selbst hier für gutes Produkt die 5,00 Prozent bereits unterschritten wurde. In Berlin wurden bereits Bruttospitzenrenditen von 3,7 Prozent registriert, auch auf Stuttgart (4 Prozent), München (4,5 Prozent), und Frankfurt (4,9 Prozent) trifft diese Entwicklung zu.

Risikoneigung geht vor allem bei nationalen Investoren in zwei Richtungen

Unter den Investoren ist im Vorjahresvergleich tendenziell eine eher abnehmende Risikobereitschaft zu erkennen. Rund 37 Prozent der nach Risiko klassifizierten Anlagesumme wurden im Core-Segment platziert, neun Prozentpunkte mehr als noch vor einem Jahr. Im Core-Plus-Segment waren es hingegen mit 35 Prozent sieben Prozentpunkte weniger. Gleichzeitig fiel der Rückgang in der Kategorie Value Add/Opportunistic mit zwei Prozentpunkten recht gering aus und ist mit 28 Prozent bedeutend. Kadel: „Vor allem in den sieben Investmentzentren beobachten wir ein äußerst reges Interesse an solchem Produkt.“ Bei deutschen Investoren liegt der Anteil dieses Segments sogar bei 34 Prozent und damit deutlich höher als bei internationalen Investoren, die hier nur 20 Prozent ihres Kapitals eingesetzt haben. Deutsche Investoren nutzen in dieser Marktphase ihren „Heimvorteil“, Objekte hinsichtlich ihres Risiko-Rendite-Potentials besser einschätzen und auf eine geringere Produktverfügbarkeit im Core-Segment reagieren zu können.

Büro bleibt mit Abstand beliebteste Assetklasse

Der Anlagedruck im Bürosegment ist ungebrochen hoch. Knapp die Hälfte des Investmentvolumens, 12,2 Milliarden Euro, floss in diese Assetklasse. Der Marktanteil beträgt bei Einzeldeals sogar 57 Prozent. Bei den Portfolien ist die Nutzungsart mit vier Prozent derzeit nahezu bedeutungslos, zumindest was den Status Quo ohne Einbezug einiger laufender Großportfolien im Markt angeht. Im Einzelhandelssegment ist das Verhältnis umgekehrt. Die traditionell zweitbedeutendste Assetklasse, die Ende Juni mit 4,9 Milliarden Euro rund 20 Prozent des Marktvolumens auf sich vereinte, hat im Portfoliosegment einen Marktanteil von 59 Prozent, bei den Einzeldeals aber lediglich einen Anteil von 12 Prozent. Auch im Industrie- und Logistikbereich werden weiterhin überwiegend Portfolien gehandelt. Insgesamt verteidigt die Assetklasse mit rund 10 Prozent-Marktanteil bzw. 2,5 Millionen Euro erfolgreich den dritten Platz. Hotels und Grundstücke teilen sich Rang 4 mit jeweils 1,6 Milliarden Euro Transaktionsvolumen bzw. sieben Prozent Marktanteil.

Wenig Neues zu beobachten gab es bei der Auswertung der Verkäufer- und Käuferbranchen. Hauptakteure bleiben in der aktuellen Marktsituation Asset- und Fondsmanager. Vor allem auf der Investorenseite wurden durch diese Branche 6,9 Milliarden Euro bzw. 28 Prozent des Kapitals platziert, offene Immobilien- und Spezialfonds folgen mit 4,4 Milliarden Euro bzw. 18 Prozent. Der hohe Anteil von Immobilien AGs von 12 Prozent begründet sich vor allem auf den Kaufhof-Deal. Projektentwickler stehen mit 6,7 Milliarden Euro bzw. 27 Prozent Marktanteil weiter unangefochten an der Spitze der Verkäuferbranchen, Asset- und Fondsmanager rangieren mit 3,8 Milliarden Euro (15 Prozent) auf Platz 2.

Ausblick: Zeitpunkt der Abschlüsse von Großdeals schwieriger zu prognostizieren

Leube: „Der vielversprechende Jahresauftakt hat auch im zweiten Quartal nicht enttäuscht – im Gegenteil. Das Feuerwerk an Großdeals hält an und ist noch lange nicht beendet. Allerdings wird es immer schwieriger, den Zeitpunkt der Abschlüsse zu bestimmen, was maßgeblichen Einfluss auf die Prognose des Transaktionsvolumens für das Gesamtjahr hat. Nach Kenntnis der Transaktionspipeline werden wir aber wieder in die Nähe des letztjährigen Rekords von 60 Milliarden Euro kommen.“

Weitere Informationen zu Colliers Deutschland:
Die Immobilienberater von Colliers Deutschland sind an den Standorten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Nürnberg, Stuttgart und Wiesbaden vertreten. Das Dienstleistungsangebot umfasst die Vermietung und den Verkauf von Büro-, Gewerbe-, Hotel-, Industrie-, Logistik- und Einzelhandelsimmobilien, Fachmärkten, Wohnhäusern und Grundstücken, Immobilienbewertung, Consulting sowie die Unterstützung von Unternehmen bei deren betrieblichem Immobilienmanagement (Occupier Services). Weltweit ist die Colliers Group Inc. (Nasdaq: CIGI) (TSX: CIGI) mit rund 14.000 Experten in 68 Ländern tätig. Für aktuelle Informationen von Colliers besuchen Sie www.colliers.de/newsroom oder folgen uns bei Twitter @ColliersGermany, Linkedin und Xing.

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