Investmentmarkt tritt weiter auf der Stelle

•    Gewerbeimmobilien mit 11,5 Milliarden Euro Transaktionsvolumen leicht über Vorjahresniveau
•    Kleinvolumige Ankäufe und opportunitätsgetriebene Transaktionen stabilisieren Marktaktivitäten
•    Weitestgehend Plateaubildung bei Spitzenrenditen, Spreizung zwischen Lagen und Risikoklassen hält an
•    Erster Zinsschritt erhöht Planungssicherheit von Finanzierungen, Zinsniveau weiterhin belastend

München, 8. Juli 2024 – Nach Angaben von Colliers wurden in Deutschland im ersten Halbjahr 2024 Immobilien für 15,5 Milliarden Euro gehandelt. Davon entfielen 11,5 Milliarden Euro auf Gewerbeimmobilien und 4,0 Milliarden Euro auf das institutionelle Wohnsegment ab 10 Wohneinheiten. Damit wurde im Gewerbesegment eine Steigerung gegenüber dem Vorjahreshalbjahr von 22 Prozent erzielt.

Mit der Übernahme des Berliner Luxuswarenhauses KaDeWe durch die thailändische Central Group für rund eine Milliarde Euro steht das Einzelhandelssegment zur Jahresmitte mit 23 Prozent Marktanteil auf Platz 2 der umsatzstärksten Nutzungsarten, hinter Industrie- und Logistikimmobilien (28 Prozent) und vor Büroimmobilien (19 Prozent).

Überschaubare Zahl der Großabschlüsse in TOP 7 vor allem opportunitätsgetrieben

Im Fall von Berlin macht die Großtransaktion mehr als die Hälfte des dortigen Transaktionsvolumens im ersten Halbjahr aus. Aber selbst in der Bundeshauptstadt hat sich wie in allen anderen TOP 7-Märkten das Transaktionsgeschehen nach Beendigung des zinsgetriebenen Superzyklus schon das zweite Jahr infolge deutlich unterhalb des langjährigen Mittels eingependelt. Vor diesem Hintergrund ist der meist positive Vorjahresvergleich zu relativieren, weil er von niedrigem Niveau aus kommt.

Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers: „Großabschlüsse bleiben die Ausnahme, Büro-Landmarkdeals wie zu Zeiten der Zyklushochphase fehlen komplett. Auch die derzeit aktiven Käufergruppen stehen eher für opportunitätsgetriebenes Geschäft, das sich als Folge der massiven Änderungen des Zins- und Finanzierungsumfeldes seit Juli 2022, aber auch aufgrund von strukturellen Nachfrageumbrüchen vor allem im Bürobereich herausgebildet hat.“

Privatinvestoren und Family Offices sind seit Jahresbeginn schon mehrfach bei Core-Investments im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich aktiv geworden. Insgesamt hat sich diese Käufergruppe mit gut 16 Prozent Marktanteil auf Platz 2 hinter Asset- und Fondsmanagern (28 Prozent) geschoben und ist damit an Offenen Immobilien- und Spezialfonds (12 Prozent), einer der Top-Käufergruppen der Niedrigzinsphase, vorbeigezogen. Ein Transaktionsbeispiel aus dem zweiten Quartal ist der Erwerb des Entwicklungsgrundstücks Opernplatz 2 in Frankfurter Top-Lage für rund 100 Millionen Euro, das aus einer Signa-Insolvenz stammt. Auch das bereits im Bau befindliche Büro- und Geschäftshaus An der Hauptwache 1 ist ein Notverkauf aus der Signa-Insolvenz und wurde von der Frankfurter Sparkasse für circa 80 Millionen Euro zum Eigennutz erworben. Die gefallenen Einstiegspreise und der begrenzte Bieterkreis sind ein häufiges, der aktuellen Marktsituation geschuldetes, Ankaufsargument. Zudem wurde in den letzten Monaten die öffentliche Hand häufig als Käufer standortprägender Immobilien registriert, um imageschädigende Bauruinen zu verhindern und gleichzeitig attraktivitätssteigernde Nutzungsangebote zu schaffen. Der Ankauf des Warenhauses am Wehrhahn 1 in Düsseldorfs 1a-Geschäftslage erfolgte mit dem Ziel, das neue Opernhaus an dieser Stelle zu errichten. Eine der deutschlandweit größten Transaktionen ist der Erwerb des Nordgeländes der Koelnmesse samt gemischt genutzten Nebengebäuden durch die Stadt Köln für 385 Millionen Euro.

Verkauf aus Insolvenzen auf 21 Prozent gestiegen

Insgesamt ist der Anteil von Insolvenzverkäufen am gesamten Transaktionsvolumen binnen drei Monaten von 12 auf 21 Prozent gestiegen. Weitere großvolumige Projekte beziehungsweise Landmark-Gebäude werden diesen Anteil voraussichtlich im Jahresverlauf weiter wachsen lassen. Neben dem Marktvolumen, das wegen massiver Abwertungen fernab alter Größenordnungen anzusiedeln ist, geht von solchen Verkäufen vor allem eine Signalwirkung für die Belebung des Transaktionsgeschehens in den TOP 7 aus.

Rückkehr zu kleinen Losgrößen als „neue Normalität“

Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers: „Der Markt befindet sich gerade in einem Übergang zurück zu einer ‚neuen Normalität‘. Der Abschluss von gleich mehreren Großdeals über 100 Millionen Euro aufwärts pro Quartal war eine typische Erscheinung des Niedrigzinsumfeldes und der daraus resultierenden Liquiditätsschwemme. Eine Auswertung von Büro-Single-Deals seit 2013 durch Colliers zeigt, dass in einem Zeitraum von 2018 bis 2021 rund 10 Prozent der Transaktionen mit Objekten größer als 120 Millionen Euro getätigt wurden. Seit Anfang 2023 ist dieser Anteil auf rund 1 Prozent gesunken. Der Median ist seit dem Höhepunkt 2021 von 27 Millionen Euro auf zuletzt noch 14 Millionen Euro gesunken. Dies entspricht dem Niveau von 2014.“

Renditen im Spitzenbereich weitestgehend stabil

Gegenüber dem Vorquartal wurden kaum mehr Anpassungen bei den Spitzenrenditen in den TOP 7 registriert. Die Renditen liegen weiter eng beieinander, insbesondere im Bürosegment mit Werten zwischen 4,50 und 5,00 Prozent. Schleppende Verkäufe in dezentralen und peripheren Lagen sowie zunehmender Verkaufsdruck bei nicht marktkonformen Objekten führen dort allerdings zu weiteren Renditeanstiegen. Die Spreizung zwischen Lagen und Risikoklassen nimmt weiter zu.

Ausblick: Investmentmarkt wird Transaktionsvolumen zum Jahresende langsam steigern

Baumann: „Die Zinswende hat eine wichtige Signalwirkung für das künftige Marktgeschehen. Eine bessere Planbarkeit des Zinspfades hilft, die Unsicherheit im Finanzierungsumfeld zu reduzieren, wenngleich die Zahl und die Höhe der erwarteten Zinsschritte gegenüber dem Jahresanfang schon deutlich reduziert wurde. Vorbereitende Verkaufsaktivitäten nehmen spürbar zu, auch wenn verlängerte Kaufprozesse und weiterhin hohe Finanzierungskosten für dieses Jahr nur eine allmähliche Steigerung des Transaktionsvolumens gegenüber dem Vorjahr erwarten lassen.“

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