Erstes Halbjahr bleibt ruhig auf dem Berliner Investmentmarkt
• Gewerbliches Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr liegt bei 2,1 Milliarden Euro
• Bürotransaktionen weiter auf dem niedrigsten Stand seit 2012, Einzelhandel stärkste Assetklasse
• Zurückhaltung bei großvolumigen Transaktionen bleibt ausgeprägt, allmähliche Marktbelebung im kleinvolumigen Segment spürbar
• Renditeanstieg setzt sich über alle Assetklassen fort, Verkaufsprozesse zunehmend mit angepassten Preisvorstellungen
Berlin, 5. Juli 2023 – Nach Angaben von Colliers wurden im ersten Halbjahr 2023 auf dem Berliner Investmentmarkt Gewerbeimmobilien für 2,1 Milliarden Euro gehandelt. Das entspricht knapp der Hälfte des Vorjahresergebnisses (-49 Prozent), während der zehnjährige Durchschnitt um ein Drittel verfehlt wurde.
Ulf Buhlemann FRICS, Head of Capital Markets bei Colliers in Berlin: „Die hohen Finanzierungskosten gepaart mit der Attraktivität alternativer Anlagemöglichkeiten wie Staatsanleihen und Aktien bescherten auch dem Berliner Investmentmarkt ein ruhiges zweites Quartal. Allerdings hat sich das Transaktionsvolumen im Vergleich zum Vorquartal nur geringfügig verringert, sodass eine allmähliche Stabilisierung auf niedrigem Niveau zu beobachten ist. Zudem werden wieder vermehrt Verkaufsprozesse vorbereitet. Allerdings gehen die Preisvorstellungen auf Käufer und Verkäuferseite weiterhin häufig auseinander, unter anderem auch getrieben durch Unsicherheiten vom Bürovermietungsmarkt hinsichtlich ESG- und New-Work-Konformität, weshalb immer noch wenig Prozesse zum Abschluss kommen. Investoren prüfen daher aktuell häufig die Handlungsalternative der Refinanzierung.“
Größere Anteilserwerbe prägen Berliner Marktgeschehen
Einzelhandelsimmobilien blieben wie im ersten Quartal die stärkste Assetklasse mit einem Volumen von 1,1 Milliarden Euro und einem Marktanteil von 52 Prozent. Zum Teilverkauf des Luxuswarenhauses KaDeWe gesellte sich die Mehrheitsübernahme des Galeria Kaufhof am Berliner Alexanderplatz durch die Commerz Real. Im gleichen Zuge übernahm die Commerz Real das bisher nicht errichtete und unvermietete benachbarte Bürohochhausprojekt Mynd. Das Transaktionsvolumen für Büroimmobilien entwickelte sich auf knapp über 700 Millionen Euro bei einem Marktanteil von 34 Prozent. Allerdings bleibt dies das niedrigste registrierte Volumen von Büroinvestments seit 2012. Grundstücke komplettieren mit 6 Prozent Marktanteil und knapp über 100 Millionen Euro die am stärksten gehandelten Assetklassen. Projektentwickler sind hier bei gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten, gesunkenen Exit-Faktoren und gestiegenen Vermietungsrisiken besonders sorgfältig in der Ankaufsprüfung. Mikrolagen mit guter Anbindung und Nahversorgung stoßen jedoch weiterhin auf Interesse.
Abseits der großvolumigen Übernahmen prägen kleine und mittelgroße Deals das aktuelle Marktgeschehen. So sicherte sich Rockstone die Zickenhöfe an der Grenze von Kreuzberg zu Neukölln. Erfolgreiche strukturierte Bieterprozesse bleiben allerdings rar gesät.
Repricing noch nicht abgeschlossen – Bürospitzenrendite bei 4,20 Prozent
Die Renditen sind weiterhin in Bewegung. Die Bruttospitzenrendite für Berliner Bürogebäude liegt aktuell bei 4,20 Prozent. Das entspricht einem Anstieg um 140 Basispunkte innerhalb der letzten zwölf Monate, damit ist das Renditeniveau von Ende 2015 erreicht.
Kemal Zeyveli FRICS, Regional Manager bei Colliers in Berlin: „Für Core-Assets in Prime-Lagen sehen wir aktuell nur eine geringe Evidenz, von daher ist die Spitzenrendite unter anderem kalkulatorisch bzw. aus laufenden Prozessen und Gesprächen mit Investoren abgeleitet. Für ausgewählte Premiumprodukte bieten insbesondere Family Offices noch einige Faktoren mehr als 24-fach.“
B-Lagen notieren bei 4,50 Prozent, während Stadtrandlagen 5,00 Prozent erreichen. Handelsimmobilien in Highstreet-Lagen liegen mit 4,20 Prozent auf Augenhöhe mit Büros. Fachmärkte und Fachmarktzentren ziehen im Vergleich zum Vorquartal um 10 Basispunkte leicht an und notieren bei 5,10 Prozent. Logistikassets haben sich bei 4,40 Prozent stabilisiert, während Hotels auf 5,15 Prozent steigen.
Internationales Kapital bleibt aktiv, deutlich weniger Dry Powder bei Immobilienfonds
Der Teilverkauf des KaDeWe hat den Anteil internationaler Käufer leicht nach oben geschraubt, sodass internationales Kapital sich mit 51 Prozent für die Hälfte des Transaktionsvolumens verantwortlich zeichnet. Immobilienfonds bleiben mit Ausnahme der Commerz Real hingegen in Warteposition. Neben der besonders schwierigen Preisfindung im Core-Segment überwogen zuletzt die Abflüsse in Immobilien-AIF in Deutschland, sodass den klassischen deutschen Core-Investoren weniger Dry Powder zur Verfügung steht. „Opportunistisches Kapital steht hingegen bereit, um insbesondere bei ‚distressed assets‘ zum Zuge zu kommen. Im zweiten Halbjahr erwarten wir hier eine Zunahme“, so Buhlemann.
Ausblick: Peak im Repricing bald erreicht
„Die Finanzierungskosten sind seit Monaten weitgehend stabil und auch die von der EZB angekündigten weiteren Zinsschritte werden vom Markt zunehmend eingepreist. Wir erwarten eine Belebung im Bereich der Verkaufsprozesse im zweiten Halbjahr. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob ausreichend Kapital für dieses absehbar große Angebotsvolumen zur Verfügung stehen wird und ob Käufer- und Verkäufervorstellungen besser zusammenfinden werden als in den vergangenen Monaten. Diese Unsicherheiten bleiben, weshalb die Erholung der Marktaktivität noch bis in das kommende Jahr andauern wird. Der zehnjährige Mittelwert von 7,5 Milliarden Euro wird daher in diesem Ausnahmejahr nicht erreicht werden, auch wenn die Attraktivität des Berliner Immobilienmarktes immer für Anteilsübernahmen und Beteiligungen sowie ein Grundrauschen an klein- und mittelvolumigen Transaktionen sorgt“, schlussfolgert Zeyveli.
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